Durchbruch für das Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz

Kurzeinschätzung zum Beschluss des Bundeskabinetts am 25. November 2020

Der Kabinettsausschuss der Bundesregierung hat sich auf einen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus geeinigt. Damit ebnet die Bundesregierung den Weg für ein das „Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz“. Der Staat will so Extremismusprävention und politische Bildung künftig verlässlich fördern.

Nachdem in den letzten Tagen in der Großen Koalition laut SPIEGEL eine Diskussion über ein mögliches Demokratiefördergesetz entbrannt war, steht nun fest: Der Bund wird zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie, Vielfalt und gegen Extremismus künftig mit einem „Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz“ unterstützen. Der heute veröffentlichte Katalog mit 89 Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus beinhaltet die Gesetzesnovelle und sieht vor, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zeitnah Eckpunkte für ein solches Gesetz vorlegen wird. Insgesamt verpflichtet sich der Bund, Demokratie-Initiativen mit 1,1 Milliarden Euro bis 2024 zu fördern.

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Der Entscheidung war unter anderem ein Brief von rund 70 Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft an das Bundeskabinett vorausgegangen. Mit guten Argumenten plädierten die Unterzeichnenden für einen eigenen gesetzlichen Rahmen der Maßnahmen gegen Rassismus & Rechtsextremismus. Das nun geplante „Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz“ stellt aufgrund verschiedener Aspekte einen Meilenstein für die Demokratieförderung vor Ort dar.

Gute Gründe für das Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz

Nachhaltige Förderung

Bislang fördert der Bund nur Pilot-Projekte in der zivilgesellschaftlichen Demokratiearbeit, und dies meist nur für 1-3 Jahre. Neben Innovation muss es in der Demokratieförderung darum gehen, das Bewährte zu verstetigen. Das Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz könnte ein nachhaltiges Engagement ermöglichen.

Wertschätzung und rechtlicher Status

Mit einem Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz stellt sich der Staat klar hinter jene, die sich vor Ort tagtäglich unter nicht selten schwierigsten Bedingungen für eine starke Demokratie einsetzen.Und das nicht nur symbolisch: Ein solches Gesetz räumt der Demokratieförderung einen rechtlichen Status ein, der vor Angriffen ebenso schützt wie auch Opfer demokratiefeindlicher Gewalt unterstützt.

Förderung der Qualitätskontrolle

Die bewährte wissenschaftliche Evaluation der Programme ließe sich in diesem gesetzlichen Rahmen festschreiben, um besonders gut evaluierte Projekte weiter zu fördern.

Signal für Europa

In einigen EU-Staaten erleben wir ‚Shrinking Spaces‘ und die Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien. Ein solches Wehrhafte-Demokratie-Fördergesetz bedeutet ein klares Signal gegen diese Entwicklungen und könnte anderen Mitgliedstaaten als Vorbild dienen.


Dass ein solches Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christoph Möllers jüngst in einem Rechtsgutachten festgestellt. Mehr noch: Eine gesetzliche Regelung scheint sogar geboten. Das Gutachten können Sie hier lesen.

Prof. Dr. Wolfgang Schroeder und Prof. Dr. Bernhard Weßels aus dem Wissenschaftlichen Beirat des Progressiven Zentrums haben im Namen des WZB und gemeinsam mit 70 weiteren Persönlichkeiten einen Brief an die Bundesregierung geschrieben, warum es ein Demokratiefördergesetz zur Bekämpfung von Extremismus braucht. Der an Dr. Angela Merkel formulierte Brief findet sich hier.

Autor:innen

Dominic Schwickert

Geschäftsführer des Progressiven Zentrums
Dominic Schwickert ist seit Ende 2012 Geschäftsführer des Progressiven Zentrums. Er hat langjährige Erfahrung in der Politik- und Strategieberatung (u.a. Stiftung Wissenschaft und Politik, Bertelsmann Stiftung, IFOK GmbH, Stiftung Neue Verantwortung, Deutscher Bundestag, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie).

Paulina Fröhlich

Stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin | Resiliente Demokratie
Paulina Fröhlich ist stellvertretende Geschäftsführerin und verantwortet den Schwerpunkt „Resiliente Demokratie“ des Berliner Think Tanks Das Progressive Zentrum. Dort entwirft sie Dialog- und Diskursräume, leitet die europäische Demokratiekonferenz „Innocracy“ und ist Co-Autorin von Studien und Discussion Papers.

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