Unsere Energiewende? Wie Beteiligung vor Ort die Transformation gestaltbar macht

Demokratische Aushandlungsprozesse im Zuge von Energiewende und Transformation.

Zusammenfassung

Zentrale Aushandlungs- und Gestaltungsprozesse in der Energiewende finden vor Ort in den Regionen und Kommunen statt. Wie gelingt es hier, die Transformation demokratisch zu gestalten und das politische Versprechen von Teilhabe und Mitgestaltung einzulösen? Dieser Frage widmet sich die vorliegende Studie. Um herauszufinden, welche Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in Ansätzen der finanziellen Beteiligung sowie in dialogischen und konfliktsensiblen Formaten liegen, haben wir drei unterschiedliche Fallbeispiele zu materieller und immaterieller Beteiligung in der Energiewende analysiert. Auf dieser Grundlage benennt die Studie fünf konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung von kommunalen Transformationskapazitäten für Bund und Länder.

Fallbeispiele

Der Windpark Hoort 2 in der Gemeinde Hoort (Mecklenburg-Vorpommern) ist ein Beispiel für die finanzielle Beteiligung der Kommune und ihrer Bürger:innen.

Das Forum Energiedialog ist ein Programm des Landes Baden-Württemberg zur Unterstützung von Kommunen in der dialogischen Aushandlung von Energiewendekonflikten.

Bei den Bürgerdialogen im Rahmen des Strukturentwicklungsprogramms Sachsen-Anhalt handelt es sich um ein Online-Dialogformat zur Beteiligung von Bürger:innen in der Identifikation von Investitionsschwerpunkten für Landesmittel im Strukturwandel.

Deutschlandkarte, bei der die Länder Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt sowie die Gemeinde Hoort in Mecklenburg-Vorpommern hervorgehoben sind.

Analyse der Teilhabemodelle

Die Analyse zeigt, wie Kommunen und Länder die Energiewende durch innovative Ansätze der materiellen und immateriellen Beteiligung voranbringen. Gleichzeitig wird deutlich, dass gerade strukturell schwach ausgestattete Kommunen durch Klimaanpassungsmaßnahmen im Zuge der Energiewende vor große Herausforderungen gestellt werden. Trotz Engagement und guten Ideen fehlt es in kommunalen Verwaltungen an finanziellen, personellen und prozessualen Ressourcen, um die Transformation vor Ort voranzubringen. Die Studie liefert fünf konkrete Handlungsempfehlungen für Bund und Land zur Stärkung kommunaler Transformationskapazitäten. Diese Hebel liegen in drei Dimensionen.

Fünf Handlungsempfehlungen zur Stärkung kommunaler Transformationskapazitäten

Wir empfehlen den Aufbau einer Struktur, die die Landesverwaltungen und die kommunale Ebene in der Transformation stärkt. Hierfür raten wir zu fünf konkreten Handlungsempfehlungen entlang dreier übergeordneter Stellschrauben: (a) rechtliche Rahmenbedingungen, (b) finanzielle Förderung, (c) breite Beteiligungskapazitäten.

1. Transformation als Gemeinschaftsaufgabe: Wir empfehlen, Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen als neue Gemeinschaftsaufgabe in Art. 91a Abs. 1 des Grundgesetzes aufzunehmen.

2. „Unsere Energiewende“-Gesetz: Wir empfehlen die verpflichtende finanzielle Beteiligung der Kommunen beim Ausbau erneuerbarer Energien, gekoppelt an eine gemeinwohlorientierte kommunale Investitionsstrategie der damit verbundenen Gewinne.

3. Transformationsbeteiligungsfonds: Wir empfehlen die Einrichtung eines Fonds für die Unterstützung von kommunaler Teilhabe und Mitgestaltung an der Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen.

4. Landestransformationspat:innen: Wir empfehlen die Schaffung von dauerhaft finanzierten Stellen für kommunale Prozessbegleiter:innen mit Expertise in den Bereichen der finanziellen Beteiligung sowie der konfliktsensiblen dialogischen Beteiligung in den Landesenergieagenturen.

5. Transformationsbeteiligung ressortübergreifend steuern: Wir empfehlen die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle für Beteiligung in den Landesverwaltungen, an die sich Verwaltungsmitarbeiter:innen fachlich wenden können und die zudem einen Überblick über die verschiedenen Beteiligungsmaßnahmen auf Länder- und kommunaler Ebene behält.

Kooperation

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) und mit Unterstützung der Open Society Foundations umgesetzt.

Autor:innen

Johanna Siebert

Projektmanagerin
Johanna Siebert ist Projektmanagerin im Schwerpunkt „Green New Deal“ des Progressiven Zentrums. Zuvor war sie als Bildungsreferentin in der NGO-Arbeit sowie als freiberufliche Wissenschaftlerin für das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) tätig.
Die Übergangenen – Strukturschwach & Erfahrungsstark
Eine Studie zur Bedeutung regionaler Perspektiven für die Große Transformation
Victoria Luh ist Sozialwissenschaftlerin und Mediatorin am Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit in Potsdam. In der Gruppe „Regionale Nachhaltigkeitstransformationen" arbeitet sie zum Strukturwandelprozess der Lausitz und untersucht wie (politische) Beteiligung und transdisziplinäre Vorhaben die sozialpsychologischen Voraussetzungen gesellschaftlicher Gruppen in Transformationsprozessen beeinflussen.

Die Idee und das Konzept für diese Studie sind aus der Publikation „Die Übergangenen. Strukturschwach & Erfahrungsstark“ des Progressiven Zentrums hervorgegangen. Als Co-Autor:innen von „Die Übergangenen“ übernahmen Paulina Fröhlich und Florian Ranft die Studienleitung für das vorliegende Projekt.

Ansprechperson

Johanna Siebert

Projektmanagerin

Wir entwickeln und debattieren Ideen für den gesellschaftlichen Fortschritt – und bringen diejenigen zusammen, die sie in die Tat umsetzen. Unser Ziel als Think Tank: das Gelingen einer gerechten Transformation. ▸ Mehr erfahren