Everybody For Future?

Fridays For Future stößt auf breite Unterstützung in der Bevölkerung und ist dabei attraktiv für Jung und Alt

Zusammenfassung

Dieses Papier analysiert die Unterstützung für Fridays For Future sowie ihr Potenzial, zu einer breiten gesellschaftlichen Bewegung zu wachsen. Auf Basis einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage gehen die Autoren dem “Greta-Effekt” nach, zeichnen mögliche Konfliktlinien und geben neue Impulse für die Diskussion um Klimaschutzmaßnahmen wie eine CO2-Steuer.

Die Ergebnisse dieser Analyse zeigen:

• dass Fridays For Future auf breite Unterstützung in der Bevölkerung stößt und dabei attraktiv für Jung und Alt ist,

• dass die junge Bevölkerung stärker sensibilisiert ist und Bereitschaft signalisiert, die erforderlichen Investitionen für Klimaschutz zu tragen (Generationenkonflikt),

• dass keine explizite Ablehnung einer CO2-Steuer in der Bevölkerung vorliegt, und die Unterstützung höher ist als bisher vermutet,

• dass die Klimakrise zunehmend als Bedrohung wahrgenommen wird, die auch zu Änderungen der selbst berichteten persönlichen Lebensführung führt (green mind shift),

• dass Fridays for Future in kurzer Zeit ein großes Potenzial entwickelt hat, von einer Jugend- zu einer breiteren gesellschaftlichen Bewegung zu werden,

• dass eine CO2-Steuer besonders die GroKo-Parteien vor eine große Herausforderung stellt, da WählerInnen der Volksparteien am wenigsten entschieden für oder gegen eine CO2-Steuer votieren.

Wachsende Bedrohungswahrnehmung durch die Klimakrise

Spätestens seit Fridays For Future und den Europawahlen ist klar, dass die Klimakrise gesellschaftliche Tiefen- und Breitenwirkung entfaltet. Das Erreichen klimapolitischer Ziele und die Entwicklung klimafreundlicher Reformen spielen nicht mehr nur bei den Grünen eine gewichtige Rolle. Bis auf wenige, vorwiegend rechtspopulistische, wissenschaftsleugnende Parteien, hält grünes Agenda-Setting auch in allen anderen politischen Lagern Einzug. Das hat auch damit zu tun, dass die Klimakrise zunehmend als globale Bedrohung wahrgenommen wird. Greta Thunbergs „Schulstreik für das Klima“ hat eine transnationale Bewegung inspiriert, die möglicherweise auch ein klimapolitisches und wirtschaftliches Umdenken bewirkt. In vielen Städten sind die Freitagsproteste der SchülerInnen Routine geworden und erhalten Unterstützung durch andere Gruppen wie Studierende, Eltern oder WissenschaftlerInnen.

Mobilisierungspotenzial: Breite Unterstützung für Fridays For Future

Unsere repräsentative Bevölkerungsumfrage mit 4.824 Teilnehmenden zeigt, dass die Fridays For Future-Bewegung ein hohes Mobilisierungs- und Wachstumspotenzial in der Bevölkerung besitzt. Viele Befragte zeigen Verständnis für die Bewegung und sind unabhängig von ihrem Alter bereit, an zukünftigen Demonstrationen teilzunehmen. Die Auswertungen legen aber auch nahe, dass die Wahrnehmung der Klimakrise und die Einstellungen zum Klimaschutz von teils recht stark ausgeprägten Konflikten zwischen Jung und Alt und zwischen AnhängerInnen verschiedener Parteien gekennzeichnet sind. Junge Befragte zeigen ein deutlich größeres Verständnis für die Klimaproteste als ältere Befragte und nehmen die Klimakrise sehr viel stärker als eine persönliche Bedrohung wahr. Auch die CO2-Steuer findet die größte Unterstützung unter jungen Befragten. Bei der Frage der Emissionsbepreisung treten zudem deutliche Unterschiede zwischen den WählerInnen verschiedener Parteien zu Tage.

Was Fridays For Future schon bewirkt haben

Die Fridays For Future-Bewegung hat in den wenigen Monaten Ihres Bestehens die Klimakrise ins Zentrum des öffentlichen Diskurses gerückt. Die jungen KlimaaktivistInnen haben es geschafft, eine umfassende gesellschaftliche und politische Debatte über Klimaschutz anzustoßen sowie bestehende politische Leitlinien und tradierte Konsummuster grundlegend in Frage zu stellen. Diese Analyse zeigt, dass mehr als die Hälfte der Befragten ihren persönlichen Lebensstil verändert haben, um der Klimakrise entgegenzuwirken. Sie zeigt aber auch, dass die deutsche Bevölkerung in Bezug auf konkrete politische Maßnahmen noch eher unentschlossen ist. BefürworterInnen und GegnerInnen einer CO2-Steuer halten sich in etwa die Waage. Bei der Ausgestaltung und Vermittlung jeder konkreten Maßnahme zur Emissionsbepreisung geht es also auch darum, diese Unentschlossenen von deren Sinnhaftigkeit zu überzeugen, sozio-ökonomische Folgen abzuwägen und so Akzeptanz herzustellen.

Autoren

Sebastian Koos

Universität Konstanz
Sebastian Koos ist Professor für Social Movements am Fachbereich Soziologie der Universität Konstanz. Die Professur ist Teil des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“, dem Sebastian ebenfalls als Principal Investigator angehört. Seine Forschungsinteressen sind CSR, nachhaltiger und politischer Konsum, Arbeitsbeziehungen, die moralische Ökonomie des Kapitalismus und prosoziales Verhalten.
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Elias Naumann

Universität Harvard
Elias Naumann ist John F. Kennedy Memorial Fellow 2019-20 am Center for European Studies an der Universität Harvard und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 884 „Die Politische Ökonomie von Reformen“ an der Universität Mannheim.

Inhalt

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Sebastian Koos

Universität Konstanz

Elias Naumann

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