Eigentlich treffen sie sich nur zu den sogenannten Berliner oder Elefantenrunden an den Wahlterminen, die normalerweise von hitzigen Debatten geprägt sind. Doch am 27. April standen für die GeneralsekretärInnen und Bundesgeschäftsführer von CDU, SPD, Linken, Grünen und FDP konstruktive und v.a. alle gleichermaßen betreffende Fragen auf dem Programm: Was müssen Parteien tun, um auf Höhe der Zeit zu kommen? Was tun gegen Mitgliederrückgang und Vertrauensverlust? Und wie können attraktive Angebote für gesellschaftliches und politisches Engagement aussehen?
Diese Fragen diskutierten Dr. Peter Tauber, Dr. Katarina Barley, Michael Kellner, Matthias Höhn und Nicola Beer bei unserer Veranstaltung in den Räumlichkeiten der stiftung neue verantwortung am Potsdamer Platz in Berlin. Anlass war die Studie „Die Partei 2025“, die das Progressive Zentrum im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Konrad-Adenauer- und der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlicht hat.
Hanno Burmester, Policy Fellow des Progressiven Zentrums und Autor der Studie „Die Partei 2025“, eröffnete die Diskussion der GeneralsekretärInnen mit der These, dass die programmatische Krise der etablierten Parteien das Produkt ihrer Organisationskrise sei. Dabei unterstrich er: „ohne klares Bild, wohin es zukünftig organisatorisch gehen soll, wird jede Veränderung im Frust enden“. Zudem hob er die Bedeutung von Experimentierfreude sowie neuer Innovations- und Führungskultur hervor. Letztlich müssten die Parteien sich an den Maßstäben messen lassen, die auch für alle anderen Organisationen gelten.
Die ParteivertreterInnen gestanden Veränderungsbedarf ein, verwiesen jedoch schnell auf aktuelle Reformbemühungen sowie die Limitierungen von außen: Vor allem Parteiengesetz und Geldknappheit kamen immer wieder zur Sprache – freilich beides Rahmenbedingungen, die eine Mehrheit im Bundestag verändern könnte.
Einig waren sich die ParteienvertreterInnen darin, dass Mitgliederbeteiligung an die erhöhte Mobilität in der Gesellschaft angepasst werden müsse. Dazu suchen alle nach neuen Beteiligungsformaten. Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer von Bündnis90/Die Grünen, plädierte z.B. dafür, digitale Mitmachformate auszuweiten. Nach Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer der Linken, müssen solche Formate besonders auf Menschen im Berufsleben zugeschnitten sein, da diese sich immer seltener in Parteien engagieren. Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer betonte hingegen den frischen Elan, den viele Neumitglieder mit „Jetzt erst recht“-Haltung nach der verheerenden Wahlschlappe zur letzten Bundestagswahl in die Partei brachten.
Trotz des Anspruchs, Parteien gezielt bei jüngeren Generationen attraktiver zu machen, ließen die GeneralsekretärInnen auf Ortsvereine, deren Strukturen oftmals als starr kritisiert werden, nichts kommen. In diesem Zusammenhang betonte Dr. Katarina Barley von der SPD die Bedeutung von Lokalengagement, welches eine Partei erst trägt.
Wie sich Parteien dieser Vielzahl von Bevölkerungsgruppen konkret öffnen sollten und wie sie den Spagat zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen bewältigen können, wurde jedoch nur kurz angesprochen und wird wohl auch weiterhin Gegenstand kontroverser Diskussionen sein.
Trotz der großen Herausforderungen waren sich die GeneralsekretärInnen über die weiterhin große Bedeutung von Parteien einig. Oder wie es CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber ausdrückte: „Was Besseres als die Partei wurde noch nicht erfunden.“
Medienbeiträge zur Veranstaltung finden Sie im Deutschlandfunk („Menschlicher miteinander arbeiten“ von Mike Herbstreuth), auf ZEIT online („Was besseres als die Parteien wurde noch nicht erfunden“ von Lisa Caspari), CARTA („Die Digitalisierung ist überall!“ von Peter Ruhenstroth-Bauer), FAZ („Die Parteien verlieren ihre kommunale Basis“ von Günter Bannas) und dem Tagesspiegel („Mitglieder verzweifelt gesucht“ von Egon Huschitt). Ausgewählte Fotos zur Veranstaltung finden Sie unten, alle Fotos hier (Copyright: Per Jacob Blut/DPZ).