Zusammenfassung
Klimaneutralität in Europa bis 2050 ist nicht ohne erhebliche Veränderungen in unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur zu erreichen – und nicht ohne breite gesellschaftliche Unterstützung für diese Transformation. Doch wie nehmen die Bürger:innen den Klimawandel wahr – und welche Art von EU-Klimapolitik findet eine breite gesellschaftliche Zustimmung? Einer neuen Umfrage zufolge bevorzugen deutsche Bürger:innen allgemein Maßnahmenpakete, die (1) Subventionen vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien einsetzen, (2) sozialinvestive Maßnahmen beinhalten, (3) durch Steuererhöhungen für Reiche finanziert werden und (4) EU-Mittel auf Grundlage der Bevölkerungsgröße auf die Mitgliedstaaten verteilen. Ausgehend von diesen Befunden werden im vorliegenden Paper Empfehlungen für die Klimapolitik formuliert.
Ergebnisse und politische Implikationen
In diesem Paper geht es nicht um die Vor- und Nachteile von EU-Klimaschutzmaßnahmen und das Für und Wider spezifischer Gestaltungsmerkmale, sondern um die Frage, was sie für die öffentliche Zustimmung bedeuten und wie die deutsche Bevölkerung dazu steht. Dennoch lassen sich aus dieser Untersuchung einige Hinweise für die Politikgestaltung ableiten.
- Eine überwältigende Mehrheit der Befragten erkennt an, dass der Klimawandel ein Prozess ist, der zumindest teilweise von Menschen verursacht wird. Es wird erwartet, dass der Klimawandel eher negative Folgen hat, insbesondere für Menschen in anderen Weltregionen. Das bedeutet: Selbst inmitten der aktuellen Krisen, die oft als Argument gegen die Relevanz oder sogar Verhältnismäßigkeit der Klimapolitik angeführt werden, gibt es Spielräume für die Politik, Klimaschutzmaßnahmen zum Erreichen der EU-Ziele umzusetzen.
- Den Bürger:innen in Deutschland ist die konkrete Ausgestaltung der EU-Klimaschutzpolitik wichtig. Generell bevorzugen sie Maßnahmenpakete, die auf finanzielle Unterstützung im Bereich der erneuerbaren Energien abzielen, soziale Investitionsstrategien beinhalten, durch Steuererhöhungen für Reiche finanziert werden und die Mittel auf der Grundlage der Bevölkerungsgröße auf die Mitgliedstaaten verteilen.
- Die Zustimmung zur EU-Klimaschutzpolitik scheint sowohl in einkommensschwachen als auch in einkommensstarken Gruppen zu wachsen, wenn diese Initiativen mit sozialen Investitionen oder Ausgleichsmaßnahmen für Haushalte mit geringerem Einkommen verknüpft werden.
- Die Politik könnte darüber nachdenken, die negativen Auswirkungen einer Steuererhöhung auf fossile Brennstoffe, insbesondere für einkommensschwache Gruppen, durch eine explizite sozialpolitische Dimension auszugleichen.
- Die relativ unpopuläre innereuropäische Verteilung von Fördermitteln nach Treibhausgasemissionen und Beschäftigung in umweltschädlichen Branchen verweist auf Bedenken der Öffentlichkeit bezüglich eines Moral Hazard: Die Bürger:innen könnten befürchten, dass durch diese Praxis umweltschädliche EU-Mitgliedstaaten für ihre Untätigkeit im Kampf gegen den Klimawandel noch belohnt werden und von EU-Mitteln profitieren, ohne sich um eine Dekarbonisierung zu bemühen. Dies zeigt die Herausforderung der EU, wenn es um die Gestaltung wirksamer politischer Maßnahmen für den grünen Wandel geht, denn Bedenken hinsichtlich des Moral Hazard scheinen die kollektiven Interessen zu überwiegen.
- Die Bedenken und Erwartungen der Bürger:innen müssen ernst genommen werden. Andernfalls könnte das politische Fundament des grünen Wandels in der EU erodieren.
Über die Umfragedaten
Die in diesem Policy Paper vorgestellten Daten wurden in einer vom Umfrageunternehmen IPSOS zwischen dem 11. und 30. Januar 2023 durchgeführten Online-Umfrage unter der erwachsenen Wohnbevölkerung Deutschlands erhoben. Die Stichprobe bestand aus 5.796 Befragten. Über eine Quotierung nach Alter, Geschlecht, Bildung und Bundesland (einschließlich der Überschneidung von Alter und Geschlecht) wurde die Repräsentativität der Stichprobe für die demografische Zusammensetzung der Allgemeinbevölkerung im Alter von 18 bis 75 Jahren sichergestellt. Für die deskriptiven Statistiken in diesem Policy Paper (Abbildung 1–2) wurden etwaige Abweichungen durch Gewichtung korrigiert.
Autorin
Deutsche unterschätzen ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen erheblich
Ansprechperson
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