Zusammenfassung
Wie sehr vertrauen die BürgerInnen dem Gesundheitssystem – und dem Staat überhaupt? Antworten auf diese Frage liefert Prof. Dr. Marius R. Busemeyer, Politikwissenschaftler und Experte für Sozialpolitikforschung, in einer Studie zu Wahrnehmungen der BürgerInnen zur Leistungsfähigkeit und Fairness des Gesundheitssystems. Die Studie wird gemeinsam vom Berliner Think-Tank „Das Progressive Zentrum“ und dem Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz herausgegeben.
Die Parteinähe sei bei der Einschätzung der BürgerInnen entscheidend, so die Studie: Wer der Alternative für Deutschland (AfD) nahesteht, misstraut dem Gesundheitssystem und der Informationspolitik der Bundesregierung weitaus häufiger als Menschen mit anderer parteipolitischer Ausrichtung. Geschlecht, Einkommen, Alter und Bildungsstand der Befragten spielen ebenfalls eine – wenn auch geringere – Rolle. Die Studie widerlegt damit die These, dass es in der Frage des Vertrauens in staatliche Institutionen einen Riss quer durch die Gesellschaft gebe; stattdessen liefert sie Hinweise für eine Polarisierung zwischen einer misstrauisch-unzufriedenen Minderheit und dem mehrheitlichen Rest der Bevölkerung.
Zentrale Erkenntnisse
- Die Bevölkerung schätzt die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystem als hoch ein. 67,6 Prozent der Befragten geben an, dass sie ein „sehr hohes“ oder „hohes“ Vertrauen in das Gesundheitssystem haben, im Fall einer eigenen Erkrankung am Coronavirus die notwendige Versorgung zu bekommen.
- Dabei unterscheiden sich die Zustimmungswerte allerdings stark zwischen den AnhängerInnen der Parteien. Während diejenigen, die Bündnis 90/Die Grünen unterstützen, zu 80,4 Prozent dem Gesundheitssystem vertrauen, tun dies nur 44,1 Prozent bei der AfD.
- Sowohl Besserverdienende als auch ältere Menschen, die ja sogar vermehrt zur Risikogruppe gehören, haben ein besonders hohes Vertrauen in das Gesundheitssystem.
- Weniger zufrieden zeigen sich die Befragten hinsichtlich der Informationspolitik der Bundesregierung. Im Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung sind lediglich 48,2 Prozent der Meinung, dass die Bundesregierung „ziemlich“ oder „sehr wahrheitsgetreu“ informiert habe. Auch in dieser Hinsicht ist die Anhängerschaft der AfD besonders misstrauisch: Nur 11,9 Prozent von ihnen glaubt an ziemlich oder sehr wahrheitsgetreue Informationen. Im Gegensatz dazu bringen diejenigen, die Bündnis 90/Die Grünen (69,4 Prozent) oder der CDU/CSU (66 Prozent) nahestehen, der Informationspolitik der Regierung viel Vertrauen entgegen.
- Nur eine Minderheit von 36,2 Prozent meint, das deutsche Gesundheitssystem sei auf eine Krise vorbereitet gewesen. Erneut weist die AfD-Anhängerschaft mit 18,8 Prozent den niedrigsten Wert auf, die Anhängerschaft von CDU/CSU mit 45,4 Prozent den höchsten.
Hintergrund zur Umfrage
Die Studie basiert auf einem großangelegten Umfragenprogramm des Konstanzer Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ zum Zusammenhang zwischen der Pandemie und sozialer Ungleichheit. Weitere Informationen über das Umfragenprogramm, zur Methodik und Datengrundlage.
Autor:innen
Deutsche unterschätzen ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen erheblich
Die heilige Kuh des deutschen Steuerrechts
Sozialtransfers, Weiterbildung, kürzere Arbeitszeiten?
Vertrauen. Impfzugang. Radikalisierung. Unzufriedenheit.
Dieses Policy Paper wurde in Kooperation mit dem Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz veröffentlicht.
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