Ein Bauplan für die europäische Öffentlichkeit

Johannes Hillje stellt Fachpublikum sein Buch „Plattform Europa“ vor

Der europäischen Demokratie fehlt die europäische Öffentlichkeit. Um diese zu fördern, skizziert Policy Fellow Johannes Hillje in seinem neuen Buch „Plattform Europa“ ein digitales, öffentlich finanziertes und gemeinwohlorientiertes soziales Netzwerk. Zur Berliner Premiere luden Das Progressive Zentrum und der Dietz Verlag Professorin Ulrike Guérot und Politiker Sven Giegold sowie ein Fachpublikum ein, das Buch zu diskutieren.

Die Analyse von Johannes Hillje zeigt: Nationalisten und Populisten profitieren davon, dass die Öffentlichkeit in Europa national und digital organisiert ist. Statt miteinander zu reden, diskutieren die Europäer nur übereinander. Die Folge: Bei Themen wie Brexit, Euro-Krise oder Migration entwickelt sich kein gemeinsames Problemverständnis und folglich auch keine europäische Lösung. [Lesen Sie dazu Johannes Hilljes Analysebeitrag in der FAZ oder seinen Kommentar bei Die Welt].

Zwar könne die Digitalisierung theoretisch helfen, eine europäische Öffentlichkeit zu erschaffen. Praktisch jedoch gelinge dies nicht, weil Facebook & Co. die digitale Öffentlichkeit privatisiert und zum Resonanzraum von Fake News und Trollen haben werden lassen. Hier setzt die Idee der „Plattform Europa“ an: Mir einem öffentlich finanzierten und gemeinwohlorientierten sozialen Netzwerk würde ein virtueller Ort geschaffen, der den direkten Austausch zwischen den Menschen in ganz Europa ermöglicht – sei durch Nachrichten, Unterhaltungsangebote, Dienstleistungen, Bildung oder europäische Bürgerinitiativen.


Johannes Hillje
PLATTFORM EUROPA
Warum wir schlecht über die EU reden und wie wir den Nationalismus mit einem neuen digitalen Netzwerk überwinden können

ca. 176 Seiten Broschur ca. 18,00 Euro
Erschienen im Verlag J.H.W. Dietz | ISBN 978-3-8012-0553-9

Kostenlose Leseprobe | Kurzbeschreibung | Cover


Plattform Europa: Zustimmung und Kontroverse

Bei der Buchvorstellung bat Autor Johannes Hillje die zwei Gäste um kritische Rückmeldung zu seinen Ideen. Beide engagieren sich seit Jahren für die europäische Demokratie und ihre Weiterentwicklung: Ulrike Guérot ist Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems und betreibt als Gründerin des European Democracy Lab Politikberatung. Sven Giegold ist seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments für Bündnis90/Die Grünen und gilt als Experte für die europäische Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Ulrike Guérot stimmte dem Analyseteil von „Plattform Europa“ zu: obwohl die EU-Politik als Entscheidungsebene stark an Bedeutung gewonnen habe, gebe es immer noch keine europäische Öffentlichkeit. Diese sei jedoch notwendig für ein demokratisches Europa. Ein transnationales digitales Angebot wie die „Plattform Europa“ könne zu dieser Öffentlichkeit einen wichtigen Beitrag leisten.

Allerdings bezweifle sie, dass es ausreiche, die Struktur der Kommunikation zu ändern. Erfolgsversprechender sei es, ein politisches Europa zu schaffen, in dem die Souveränität noch stärker und direkter bei den BürgerInnen liege. Dann werde sich automatisch eine europäische Öffentlichkeit bilden. Denn Medien und Menschen würden sich dann mit Europa auseinandersetzen, wenn die wichtigsten politischen Fragen auf dieser Ebene entschieden werden würden.

Sven Giegold glaubt, dass die EU-Ebene auch in den bestehenden Strukturen mehr Aufmerksamkeit bekommen könnte durch Maßnahmen wie eine „Plattform Europa“. Es gebe bereits europäische Teilöffentlichkeiten, die durch ein zentrales Netzwerk zusammengebracht werden könnten.

Kritisch sah er dabei allerdings die Rolle der Europäischen Rundfunkunion (EBU). Johannes Hillje schlägt in seinem Buch die EBU als Fundament der Plattform Europa vor. Laut Sven Giegold eigne sich die Organisation aufgrund ihrer Strukturen allerdings nicht dafür.

Nichtsdestotrotz sagte Sven Giegold zu, sich politisch für die Idee einzusetzen. Er werde die „Plattform Europa“ bei der Wahl des EU-Kommissionspräsidenten zur Bedingung für seine Unterstützung machen. Da die Grünen im Europaparlament nach der Wahl eine Königsmacher-Funktion einnehmen könnten, gewinnt die Forderung an Gewicht.

Erste Pressestimmen zum Buch „Plattform Europa“

Albrecht Meier schreibt in Der Tagesspiegel: „Rechtzeitig zur Europawahl hat Hillje einen klugen Beitrag zu einem langfristigen Umsteuern in der Europadebatte geliefert.“

„Johannes Hilljes gedankenscharfes Buch kommt zu einem richtigen Zeitpunkt“, meint Tobias Gralke im Europa-Blog.

Arthur Molt, Redakteur des Onlinemagazins Treffpunkteuropa.de, urteilt: „Johannes Hillje liefert mit „Plattform Europa“ einen spannenden Debattenbeitrag, der trotz Vermittlung kommunikationswissenschaftlicher Erkenntnisse klar und zugänglich geschrieben ist.“

Plattform Europa-Veranstaltungen

Am 8. März diskutiert Johannes Hillje sein Buch in Rostock mit Iris Hoffmann MdEP.

Weitere Termine finden sich auf der Webseite des Dietz-Verlags.

Autoren

Vincent Venus war Leiter der Kommunikation des Progressiven Zentrums und somit verantwortlich für die Kommunikationskanäle, die Redaktion und Gremienkoordination.
Dr. Johannes Hillje ist Politik- und Kommunikationsberater in Berlin und Brüssel. Er berät Institutionen, Parteien, Politiker, Unternehmen und NGOs. Zur Europawahl 2014 arbeitete er als Wahlkampfmanager der Europäischen Grünen Partei. Zuvor war er im Kommunikationsbereich der UN in New York und in der heute.de-Redaktion des ZDF tätig.

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