Am 27 . Oktober fand im Rahmen einer Frühstücksveranstaltung der zweite Roundtable des Projektes “Neue Wege zu inklusivem Wachstum – Impulse für die Soziale Marktwirtschaft von morgen” statt. An diesem Morgen wurde diskutiert, inwiefern sich “Die Soziale Marktwirtschaft als europäische Antwort auf die Globalisierung” eignet. Mit DiskutantInnen aus Politik, Wissenschaft und Think Tanks ergab sich eine angeregte Debatte.
Nach einigen begrüßenden Worten durch Programmleiterin Laura-Kristine Krause führte Stefan Profit, Unterabteilungsleiter Gesamtwirtschaftliche Entwicklung, Analysen und Projektionen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in das Projektthema und den Roundtable ein. An diesem Morgen am Tisch zu Gast waren Christian Odendahl, Chefökonom des Centre for European Reform, Lucas Guttenberg, stellvertretender Forschungsleiter am Jacques Delors Institut Berlin, Linda Teuteberg, Bundestagsabgeordnete der FDP Bundestagsfraktion, sowie Nils Goldschmidt, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft und Mitglied der DenkerInnenrunde “Inklusives Wachstum” beim Progressiven Zentrum. Die Diskussion moderierte Laura Krause.
Zunächst wurde der Begriff inklusives Wachstum, das Ermöglichen einer breiteren sozioökonomischen Teilhabe am Wachstum, in den europäischen Diskurs eingebettet. Diese solle die gemeinsame Grundlage für die notwendigen Strukturreformen in der Europäischen Union darstellen. Neben notwendigen Sozialstrukturen muss die EU jedoch auch dem globalen Wettbewerbsdruck standhalten. Diese Dichotomie führt zu konkreten Fragen, die sich mit der richtigen Balance zwischen europäischen Standards und einer globalen Wettbewerbsfähigkeit auseinandersetzen, und mit den Bedingungen, die geschaffen werden müssen, damit die EU einen nachhaltigen und inklusiven Globalisierungsprozess mitgestalten kann. Zudem stellt sich die Frage der Verantwortung, welche die EU und die Mitgliedstaaten in diesen Prozessen tragen.
In der Diskussion wurde deutlich, dass die aktuelle deutsche und europäische Wirtschaftspolitik langfristig nicht tragbar sei und dass bezüglich einer “Sozialen Marktwirtschaft” im europäischen Raum große Divergenzen herrschen würden. Die Vorstellungen über Wirtschaftspolitik innerhalb der EU variierten demnach sehr stark, weshalb es an nötiger Konvergenz in der Wirtschafts- und Finanzpolitik mangele. Ein Ausbau und eine damit verbundene Reform der europäischen Institutionen wären effiziente Möglichkeiten, um sie zu stärken und handlungsfähiger zu machen. Die unterschiedlichen geistigen europäischen Landschaften erschwerten eine notwendige zentrale Koordination jedoch. Für ein mehr an Handlungsfähigkeit bedürfe es grundsätzlich eines Mehrs an Homogenität. Wie diese Homogenität zu erreichen sei bleibt allerdings eine der zentralen Fragen, deren Beantwortung viele Akteure heute noch schuldig sind.
Zum einen müssten die strukturellen Unterschiede, wie etwa die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa, minimiert werden und des weiteren bedürfe es einer europäischen Öffentlichkeit, in der ein neues Narrativ für Europa Platz finden kann. Während Mobilität innerhalb der EU als einer der Lösungsansätze gesehen werde, könne dies keinesfalls eine nachhaltige Lösung für den gesamten europäischen Raum sein. Man müsse also auch über soziale Transfers innerhalb Europas und bessere gemeinschaftliche Wirtschaftspolitikformulierung sprechen. All diese Maßnahmen sollen zukünftigen Krisen vorbeugen, um eine Grundlage für ein inklusives Wachstum zu schaffen. Nur so könne auch einer neuen Generation Europaskeptiker vorgebeugt und Populisten in Europa entgegengewirkt werden.
Inklusives Wachstum funktioniere in dieser Debatte nach einem ähnlichen Prinzip wie “Wohlstand für alle” und fordere eine Sozialisierung von Fortschritt und Gewinn, um eine möglichst große Teilhabe daran zu ermöglichen. Zudem müsse der Punkt der Wettbewerbsfähigkeit auch jenseits von Angebot und Nachfrage weiter gedacht werden. Die Frage nach einer explizit europäischen Sozialen Marktwirtschaft sei drängender denn je und müsse sich notwendigerweise mit einer möglichen Realisierung einer europäischen Sozialpolitik, in welchem Ausmaß auch immer, beschäftigen. Des weiteren wurde auch eine Individualisierung der Sozialpolitik diskutiert, in der mehr auf einzelne Menschen und nicht nur auf die Gesellschaft oder Volkswirtschaften als Ganzes eingegangen wird.
Die Diskussion schloss mit einem Plädoyer dafür, dass auf der Suche nach neuen Narrativen auch alte nicht in Vergessenheit geraten dürfen, da diese ebenfalls wertvolle Handlungsempfehlungen enthalten könnten, besonders wenn es um die Fragen gesellschaftlicher Teilhabe und politischer Gestaltung im europäischen Raum geht. Der Roundtable endete mit eine Ausblick auf die nächste Veranstaltung dieser Reihe, welche sich Ende November mit den Herausforderungen des Strukturwandels auseinandersetzen wird.