„Über den Wert von Freiheit in turbulenten Zeiten“

Am 3. November 2016 veranstaltete das Progressive Zentrum einen exklusiven Roundtable zum Thema „Über den Wert von Freiheit in turbulenten Zeiten“. Anlass gaben die Krise der liberalen Gesellschaften mit dem Aufstieg von autoritären Kräften und die Veröffentlichung des Buches „Qualitative Freiheit. Selbstbestimmung in weltbürgerlicher Verantwortung“ von Prof. Dr. Claus Dierksmeier, Direktor des Weltethos Instituts an der Universität Tübingen.

Populisten und autoritär gesinnte Kräfte nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und weltweit, stellen den Wert der Freiheit in Frage. Zudem nehmen immer mehr Menschen eine steigende Ungleichheit wahr und entwickeln soziale Abstiegsängste. Wir wollten daher die Frage diskutieren wie wir Freiheit in diesen Zeiten denken sollen, um ihren Wert wieder in Erinnerung zu rufen und zugleich dem modernen Anspruch von „Lebenschancen für Jeden“ gerecht zu werden?

Zu Beginn gab Prof. Dr. Claus Dierksmeier Einblicke in seine Gedanken zu einer qualitativ und inklusiv verstandenen Freiheitsidee, die er in seinem Buch „Qualitative Freiheit. Selbstbestimmung in weltbürgerlicher Verantwortung“ dargelegt hat. Er plädierte für ein Verständnis von Freiheit, dass sich nicht quantitativ über die Anzahl der individuellen Optionen bemisst, sondern qualitativ über die Art der Freiheit. Das kann auch bedeuten, dass eine Gesellschaft Beschränkungen einführt, um zu einer besseren Freiheit zu kommen.

Die meisten Menschen würden eine kleine Menge an guten Freiheiten wählen, anstatt vieler schlechter Optionen von Freiheit.

Prof. Dr. Claus Dierksmeier

Im Anschluss reagierte zunächst Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Er stellte in seinem Kommentar heraus, dass vor allem auch nach den kollektiven Bedingungen für individuelle Freiheit gefragt werden muss. Außerdem muss jeder zur Freiheit ermächtigt werden, um mit den Möglichkeiten in einer immer komplexeren Welt umzugehen.

Dr. Oliver Schmolke, Leiter der Leitungs- und Planungsabteilung im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, nahm eine institutionelle Perspektive ein, in der er anmerkte, dass unsere Institutionen so gebaut sind, dass sie Freiheit garantieren. Negative Freiheit ist dabei zwar eine notwendige und unabdingbare, aber nicht hinreichende Bedingung.

Bevor es in die Diskussion mit den Teilnehmenden ging, gab Andreas Esche, Programmdirektor Nachhaltig Wirtschaften der Bertelsmann Stiftung, noch seine Gedanken in die Runde. Er betonte den emotionalen Aspekt von Freiheit und warnte vor den populistischen Kräften, die es schafften, die Diskussion emotional aufzuladen und für sich zu verwenden. „Freiheit muss wieder mit positiven Emotionen aufgeladen werden“

Die Journalistin Dr. Jacqueline Boysen moderierte die Diskussion, in der es vor allem darum ging die theoretischen Überlegungen fruchtbar für die praktische Politik zu machen. Die Veranstaltung im Progressiven Zentrum wurde mit der freundlichen Unterstützung unserer Partnerorganisationen dem Weltethos-Institut, der Heinrich-Böll-Stiftung und der Bertelsmann-Stiftung organisiert.


Dies war eine gemeinsame Veranstaltung folgender Partnerorganisationen:

Autor:innen

War von 2015 bis 2017 Projekt Assistenz am Progressiven Zentrum. Studierte Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und an der National Taiwan University in Taipeh. Sammelte praktische Erfahrungen in der Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft und im Bereich der Public Sector Beratung. Engagiert sich für die europapolitische Bildung an Berufsschulen und bei der Berlin Debating Union für eine offene Debattenkultur.
Von 2015 bis 2018 Project Manager im Progressiven Zentrum. Hat im Master Politikmanagement an der NRW School of Governance in Duisburg studiert und beschäftigte sich im Rahmen seiner Abschlussarbeit mit der Programmatik in den europäischen Parteienfamilien.

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