Politisches Symposium 2025: Agenda der Verantwortung
Die Selbstsicherheit des Landes wird von innen und außen in Frage gestellt: Die europäische Sicherheitsarchitektur wankt, die liberale Demokratie steht unter Druck, das deutsche Wirtschaftsmodell verliert an Kraft, und der Gesellschaftsvertrag wird brüchig. Verantwortung ist in dieser Lage mehr als ein politisches Schlagwort – sie ist ein Prinzip der Orientierung, das Handeln leitet, wo Regeln fehlen und Gewissheiten schwinden.
Auf dem Politischen Symposium fragen wir, was es heute heißt, Verantwortung für Deutschland zu übernehmen und wie neue Handlungsfähigkeit in einer Zeit geopolitischer Umbrüche und gesellschaftlicher Spannungen entstehen kann. Darüber diskutieren 120 führende Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Das Programm gliedert sich in drei Themenstränge, die unterschiedliche Dimensionen politischer Verantwortung in den Fokus nehmen:
- Industriepolitik & Innovation: Verantwortung für wirtschaftliche Stärke
- Resilienz, Wehrfähigkeit & Zusammenhalt: Verantwortung für Sicherheit
- Sozialstaat & Arbeitsmarkt: Verantwortung für Vertrauen und Gerechtigkeit
Zum Abschluss des Symposiums laden wir zu einem Winterempfang mit Essen, Drinks und politischen Gastauftritten ein.
Eine Teilnahme ist nur auf persönliche Einladung möglich. Für Rückfragen sind wir unter symposium@progressives-zentrum.org erreichbar.
Eindrücke und Berichte zu vergangenen Symposien hier.
Programm
15:00–15:30 Uhr
Intro
Verantwortung für Deutschland? Was das in Zeiten des Umbruchs bedeutet
Von innen und außen wird die Selbstsicherheit Deutschlands in Frage gestellt: Sicherheit, Wohlstand und gesellschaftlicher Zusammenhalt geraten unter Druck. Verantwortung ist in dieser Lage mehr als ein politisches Schlagwort – sie ist ein Prinzip der Orientierung, das Handeln leitet, wo Regeln fehlen und Gewissheiten schwinden. Denn die Weltordnung befindet sich im Umbruch: Der russische Angriffskrieg markiert das Ende der Nachkriegsordnung, die USA ziehen sich als Führungsmacht des Westens zurück, China verfolgt strategisch eigene globale Interessen – und Europa sucht seinen Platz in einer zunehmend machtorientierten Welt. Auf welche politische und gesellschaftliche Landschaft trifft diese Herausforderung in Deutschland? Welche Antworten verlangen die neuen Realitäten von unserer Außen-, Sicherheits- und Wirtschafts- und Sozialpolitik – und was bedeutet das für das Selbstverständnis unseres Landes?
Die Intro-Session eröffnet das Symposium mit einer Standortbestimmung deutscher Verantwortung: zwischen Anpassung und Anspruch, zwischen Führung und Gemeinwohl, zwischen nationaler Selbstbehauptung und europäischer Solidarität.
- Wolfgang Schroeder, Vorsitzender, Das Progressive Zentrum
- Thorsten Benner, Director, Global Public Policy Institut
- Cathryn Clüver Ashbrook, Senior Advisor, Bertelsmann Stiftung
15:30–16:45 Uhr
Sessionblock 1
Fachgruppe I | Verantwortung für wirtschaftliche Stärke: Industriepolitk & Innovation | Europe first? Was ist unsere industriepolitische Antwort auf US-amerikanische Zoll-Politik und China-Schock 2.0
Die internationale Ordnung des freien Handels gerät zunehmend unter Druck. Während die USA ihre Industrie mit massiven Subventionen und Schutzzöllen stützen und China gezielt ganze Wertschöpfungsketten kontrolliert, steht Europa vor der Frage, wie es seine ökonomische Handlungsfähigkeit wahrt. Besonders Deutschland spürt die Folgen dieser tektonischen Verschiebungen: Als exportorientierte Volkswirtschaft – mit einer industriellen Basis, die eng mit dem US- und vor allem dem chinesischen Absatzmarkt verflochten ist – trifft der Einbruch globaler Nachfrage das Land im Kern seiner Wertschöpfung. Exemplarisch zeigt sich das an Branchen, die bisher auf internationalen Absatzmärkten basierten und nun vor einem Strukturwandel stehen. Die Frage lautet daher: Wie kann Europa seine Wettbewerbsfähigkeit sichern, ohne in Protektionismus zu verfallen? Ist eine gezielte „Buy European“-Strategie eine legitime und wirksame Antwort auf diese Entwicklungen – oder gefährdet sie die Offenheit des europäischen Wirtschaftsraums? Und wie lassen sich industriepolitische Instrumente so gestalten, dass sie auch die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft beschleunigen? Die Session diskutiert, welche wirtschafts- und industriepolitischen Weichen Deutschland und Europa stellen müssen, um Wohlstand, Klimaschutz und Resilienz im globalen Umbruch zu sichern.
- Sander Tordoir, Chief Economist, Centre for European Reform
- Armand Zorn, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender, SPD-Bundestagsfraktion
- Elisabeth Winter, Stellvertretende Geschäftsführerin und Programmleiterin Globale Märkte und soziale Gerechtigkeit, Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung
Fachgruppe II | Verantwortung für Sicherheit: Resilienz, Wehrfähigkeit und Zusammenhalt | Zeitenwende im Kopf: Gesellschaftliche Gelingensbedingungen der deutschen Verteidigungsfähigkeit
Die militärische Zeitenwende bleibt unvollständig, wenn sie nicht auch im Denken und Handeln der Gesellschaft ankommt. Verteidigungsfähigkeit ist nicht nur eine Frage von Ausrüstung, Fähigkeiten und Strukturen – sie ist eine Frage des gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen – sei es durch Engagement, finanzielle Solidarität oder Wehrdienst – ist in der Bevölkerung durchaus vorhanden. Doch das Vertrauen in Politik, Institutionen und sicherheitspolitische Steuerungsfähigkeit ist brüchig. Damit die Zeitenwende trägt, braucht es politische Führung, die Orientierung gibt, und Strukturen, die Verlässlichkeit schaffen. Die Session diskutiert, welche kulturellen, politischen und sozialen Voraussetzungen eine Gesellschaft braucht, um Verteidigungsfähigkeit als gemeinsame Aufgabe zu verstehen – und die Zeitenwende auch im Kopf zu vollziehen.
Fachgruppe III | Verantwortung für Vertrauen und Gerechtigkeit: Sozialstaat und Arbeitsmarkt | Digital, einfach, bürgernah: Sozialstaatsreform als Verantwortungspolitik
Wer heute Unterstützung braucht, trifft zu oft auf Komplexität statt Hilfe. Die Session denkt Sozialstaatsreform vom Alltag der Menschen und der Praxis der Kommunen her: einmal Daten angeben statt zig Ämter, Leistungen aus einer Hand statt unübersichtlicher Zuständigkeiten, digitale Abläufe im Hintergrund, persönliche Beratung vor Ort. Doch jenseits technischer Modernisierung geht es um mehr – um die Frage, wie ein verantwortungsvoller Sozialstaat im 21. Jahrhundert aussehen kann. Ein solcher Sozialstaat erkennt Verantwortung als gegenseitiges Prinzip: Der Staat schafft verlässliche Strukturen und faire Zugänge, die Bürger:innen übernehmen Verantwortung für ihr Leben und ihre Gemeinschaft. Vertrauen ersetzt Misstrauen, Kooperation ersetzt Kontrolle. Die Session diskutiert, wie dieser Umbau gelingen kann – praktisch, gerecht und tragfähig. Soll der Sozialstaat stärker auf universelle Teilhabeangebote, auf Erwerbstätigkeit und Qualifizierung oder auf ein beitragsbasiertes System setzen – und wie lassen sich diese Ansätze verbinden? Welche Schritte sind nötig, um Verfahren zu vereinfachen, Zuständigkeiten zu bündeln und digitale Infrastrukturen zu schaffen, die Bürgernähe ermöglichen?
- Peter Kurz, ehemaliger Oberbürgermeister von Mannheim
- Andreas Audretsch, Stellvertretender Frakitionsvorsitzender, Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen,Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen
- Katja Mast, Parlamentarische Staatssekretärin, Bundesministerium für Arbeit und Soziales
- Anke Hassel, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats, Das Progressive Zentrum
17:15–18:30 Uhr
Sessionblock 2
Fachgruppe I | Verantwortung für wirtschaftliche Stärke: Industriepolitik und Innovation | Souveränität neu programmiert: Europas Antwort auf digitale Abhängigkeit
Die globale Digitalordnung formt sich neu – zwischen den Technomächten USA und China. Diese Entwicklung hat Europas Hoffnung auf eine regelbasierte Globalisierung zerschlagen und zeigt: Die großen Strategien der letzten Jahre – von KI-Plänen über Gaia-X bis zum Digital Markets Act – haben an Kraft verloren. Europa steht vor einer unbequemen Realität: tief verwoben in fremde Infrastrukturen, abhängig von ausländischer Technologie, ohne echte digitale Eigenständigkeit. Kann der Kontinent in dieser postsouveränen Lage überhaupt noch technologische Handlungsfähigkeit sichern? Helfen neue Allianzen – etwa mit Staaten des globalen Südens – wirklich zu mehr Resilienz, oder bleiben sie Symbolpolitik im engen geopolitischen Spielraum? Die Session diskutiert, wie Europa seine Interessen im globalen digitalen Machtkampf wahren kann – durch kluge Prioritäten, strategische Partnerschaften und eine realistische Vorstellung von digitaler Souveränität, die auf Stärke durch Vernetzung statt auf Illusionen völliger Unabhängigkeit setzt.
- Julia Pohle, Leiterin der Forschungsgruppe Politik der Digitalisierung, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
- Sebastian Pieper, Projektmanager, Das Progressive Zentrum
Fachgruppe II | Verantwortung für Sicherheit: Resilienz, Wehrfähigkeit und Zusammenhalt | Multiple Use: Wie Verteidigungsausgaben Wirtschaft, Innovation und Sicherheit stärken können
Die massiven Investitionen in die Bundeswehr und die europäische Verteidigungskooperation sind mehr als eine sicherheitspolitische Weichenstellung – sie sind Industrie-, Technologie- und Standortpolitik für Jahrzehnte. Denn sie legen fest, welche Kapazitäten, Lieferketten und Abhängigkeiten künftig entstehen – und wo Wertschöpfung ankommt. Entscheidend ist nun, wie diese Mittel eingesetzt werden: Können sie Innovationen befördern, die auch zivilen Branchen zugutekommen? Tragen sie dazu bei, dass nicht nur große Konzerne profitieren, sondern auch Mittelstand und Unternehmen in Regionen, die unter besonderem Transformationsdruck stehen? Ein klug gestalteter Verteidigungsaufschwung könnte wirtschaftliche Resilienz und das Sicherheitsgefühl in der Gesellschaft gleichermaßen stärken – wenn Investitionen so wirken, dass Fähigkeiten wachsen, Wertschöpfung breit gestreut wird und der sicherheitspolitische Mehrwert auch ökonomisch spürbar wird. Die Session diskutiert, welche industrie-, technologie- und regionalpolitischen Weichenstellungen nötig sind, damit Aufrüstung auch zu einer resilienten Demokratie beiträgt.
Fachgruppe III | Verantwortung für Vertrauen und Gerechtigkeit: Sozialstaat und Arbeitsmarkt | Der neue Gesellschaftsvertrag: Basisarbeit als Prüfstein sozialer Verantwortung
Die Krisenmomente der vergangenen Jahre wie Pandemie und Inflation, aber auch die Folgen von digitalem und ökologischem Wandel und der damit einhergehende Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt haben Beschäftigte hart getroffen. Aus der Forschung ist bekannt, dass Unsicherheitsgefühle, Sorgen um die Zukunft und sinkendes Vertrauen in politische Akteure zugenommen haben. Das trifft insbesondere, aber nicht nur auf un- und angelernte Beschäftigte zu. Wie beeinflussen diese Erfahrungen das Vertrauen in demokratische Institutionen und die Offenheit gegenüber gesellschaftlichem Wandel? Und welche Maßnahmen können dazu beitragen, Mitbestimmung, Selbstbestimmung und Solidarität in der Arbeitswelt zu stärken und demokratische Teilhabe über den Arbeitsplatz erfahrbar zu machen? Die Session diskutiert die Arbeitswelt als Ort politischer Auseinandersetzungen sowie die Relevanz von guter Arbeit für Demokratie, Transformation und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
- Andreas Hövermann, Leitung des Referats Arbeit & Demokratie, Hans-Böckler-Stiftung
- Johanna Siebert, Senior Project Manager, Das Progressive Zentrum
18:30–19:00 Uhr
Outro
Ein Plädoyer für eine Agenda der Verantwortung
19:00–23:00 Uhr
Winterempfang mit Essen, Drinks und politischen Gastauftritten
Co-Kuratoren

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