Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist grundsätzlich für Klimaschutz, begegnet konkreten Instrumenten jedoch häufig mit Skepsis. Ein Blick in die Akzeptanzforschung zeigt, welchen Anspruch die Menschen in unserem Land an Klimapolitik stellen: Die mit Abstand wichtigsten Aspekte sind Bezahlbarkeit für den Verbraucher und Sozialverträglichkeit. Die aktuelle deutsche Klimapolitik wird diesem Anspruch nicht gerecht. Zu oft können sich Menschen mit geringen Einkommen den Umstieg auf klimafreundliche Technologien nicht leisten, zu oft kommen Förderprogramme vor allem Gutverdienenden zugute.
Klimapolitik muss einen neuen Fokus finden. Statt abstrakter Klimaziele sollte der Alltag der Menschen im Mittelpunkt stehen. Die ökologische Transformation greift tief in die Alltagswelt der Menschen ein. Sie betrifft nicht mehr nur die Frage, ob der Strom aus der Steckdose grün ist, sondern welche Heizung eingebaut werden muss und wie teuer Benzin wird, während gleichzeitig die Angst um den eigenen Arbeitsplatz zunimmt. Maßnahmen, die diese soziale Dimension außer Acht lassen, sind zum Scheitern verurteilt.
Unter dieser Prämisse wird sich die nächste Bundesregierung nicht nur mit der Frage auseinandersetzen müssen, welche Maßnahmen am effektivsten das Klima schützen, sondern wie dabei alle Teile der Gesellschaft im Blick behalten werden können.
Dieses Papier zeigt sechs Instrumente für eine gerechte(re) Gesellschaft auf dem Weg aus der Klimakrise auf:
1. Der Emissionshandel: Ein Markt ist immer nur so gut wie seine Regulierung
Das Kernelement sozial gerechter Klimapolitik ist ein gut regulierter CO2-Handel, der glaubwürdig bestehen kann. Das heißt, es muss sichergestellt werden, dass die Emissionen dort eingespart werden, wo es gesellschaftlich sinnvoll ist – und Klimaschutz nicht dazu führt, dass sich die unteren Einkommensgruppen in Verzicht üben müssen, während Wohlhabende weiterhin mit ihrem Luxuskonsum die Klimakrise befeuern. Sonst verliert Klimaschutz die gesellschaftliche Akzeptanz.
2. Ordnungsrecht, Regulierung und Markt gehen Hand in Hand
Ein Rahmen aus kluger Regulierung und maßvollem, aber nachdrücklich angewandtem Ordnungsrecht erhöht die Glaubwürdigkeit der Klimapolitik, indem er Ungerechtigkeiten verhindert und Klarheit für Investitionsentscheidungen schafft.
3. Förderprogramme: Das Zuckerbrot der Transformation
Es braucht sozial gestaffelte Förderinstrumente, die es Menschen mit geringen Einkommen ermöglichen, auf nachhaltige Technologien umzurüsten. Bisher profitieren zu häufig Gutverdienende von Förderprogrammen, die sich den Umstieg auch ohne staatliche Hilfe leisten können. Stattdessen braucht es einen Fokus auf die unteren Einkommensgruppen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
4. Infrastrukturausbau: Die Lösung für viele Gerechtigkeitsprobleme
Die Klimakrise ist ein kollektives Problem, das kollektiver Lösungen bedarf. Infrastruktur ist eine solche. Für den Infrastrukturausbau ist eine übergreifende Planung notwendig, die sich an Gerechtigkeitsaspekten orientiert. Dabei sollte sichergestellt werden, dass Investitionen in die öffentliche Infrastruktur allen zugutekommen und ein Problem adressieren, das möglichst viele Menschen betrifft.
5. Es braucht eine Klimaentlastungsleistung (kein Klimageld)
Damit ein steigender CO₂-Preis Menschen mit geringen Einkommen nicht finanziell überfordert, braucht es einen automatisierten Mechanismus, über den ein Teil der Einnahmen aus dem europäischen Zertifikatehandel an die Bevölkerung ausgeschüttet werden, wenn der CO₂-Preis einen bestimmten Wert – etwa 85 Euro pro Tonne CO2 – übersteigt. Die Auszahlung sozial gestaffelt erfolgen, sodass die unteren Einkommensgruppen spürbar entlastet werden.
6. Gerechtigkeit steht und fällt mit der Finanzierung
Keine einzelne Dimension hat so viel Einfluss auf Verteilungsgerechtigkeit wie die Finanzierung. Deshalb ist eine faire Aufteilung der Finanzierungslast innerhalb der heutigen, aber auch zwischen der heutigen und kommenden Generationen entscheidend. Dabei sollte bei der Entscheidung über die Aufnahme neuer Staatsschulden nicht nur die Finanzierungslast zukünftiger Generationen, sondern auch die dramatischen negativen Folgen ausbleibender Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur berücksichtigt werden.
Dieses Policy Papier geht auf einen Werkstattprozess zur sozial-ökologischen Transformation zurück, der zwischen Frühjahr und Winter 2024 stattfand und u. a. von Brigitte Knopf, Sabrina Schulz und Reiner Hoffmann initiiert wurde. An den Diskussionsrunden waren Vertreter:innen von Stiftungen, Gewerkschaften, Verbänden und wissenschaftlichen Instituten beteiligt. Eine frühere Version des Textes erschien erstmalig als Impulspapier für das Politische Symposium des Progressiven Zentrums im Dezember 2024.
Die in dem Papier geäußerten Inhalte spiegeln die persönliche Meinung der Autorin wider und entsprechen nicht notwendigerweise den Positionen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Autorin


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