Wer reinigt über Nacht die Büros? Wer bestückt tagtäglich die Supermarktregale mit frischer Ware? Wer sind die Menschen, die Pakete zustellen, Einkäufe abkassieren, alte und kranke Menschen pflegen und die Fließbänder in den Fabriken bedienen? Bis zu einem Fünftel aller Beschäftigten in Deutschland sind Basisarbeiter:innen: Menschen, die mit ihren Tätigkeiten das Fundament legen für den gesellschaftlichen Alltag und unsere Wirtschaft. Ihnen und ihren Anliegen widmet sich dieses Projekt.
Tätigkeiten im Bereich der Basisarbeit sind körperlich anstrengend, häufig schlecht bezahlt, mit ständiger Unsicherheit verbunden und werden – obwohl so wichtig – wenig wertgeschätzt. Zudem wird Basisarbeit oft in Tagesrand- oder Nachtzeiten verrichtet und bleibt damit für einen Großteil der Gesellschaft unsichtbar.
Auch in politischen Debatten kommen Basisarbeiter:innen mit ihren spezifischen Anliegen nur selten zu Wort. Während der Corona-Pandemie rückten systemrelevante Berufe zwar für kurze Zeit in den Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit, wurden jedoch schnell wieder von anderen Themen abgelöst. Auf den Applaus folgten zudem kaum handfeste Verbesserungen für die Beschäftigten. Das ist insofern problematisch, als dass Basisarbeiter:innen von gesellschaftlichen Krisen und Veränderungen in der Arbeitswelt besonders stark betroffen sind: Digitalisierung, neue Technologien, der Klimawandel, globale Lieferketten und das Altern der Gesellschaft beeinflussen ihren Arbeitsalltag längst stark. Welche Auswirkungen diese Trends langfristig haben werden, entscheidet ihre politische Gestaltung. Wer die sozial-ökologische Transformation gerecht gestalten will, muss demnach auch die Anliegen von Basisarbeiter:innen berücksichtigen.
Was ist Basisarbeit?
Basisarbeit bezeichnet all jene Tätigkeiten, für die man keine formale Berufsausbildung braucht. Sie können also ohne lange Einarbeitung ausgeübt werden. In Deutschland umfasst das etwa 20 Prozent aller Beschäftigten – und damit bis zu 10 Millionen Arbeitsplätze. Dazu gehören Lagerarbeiter:innen, Paketzusteller:innen, Pflegehelfer:innen, Reinigungskräfte, Gastromitarbeiter:innen und viele mehr. Der Begriff Basis weist dabei auf die zentrale Funktion dieser Tätigkeiten für Wirtschaft und Gesellschaft hin. Basisarbeiter:innen leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass andere überhaupt ihrer Arbeit nachgehen können und unser aller Alltag funktioniert.
Was ist das Ziel unseres Projekts?
Mit dem Projekt möchten wir den Perspektiven und Forderungen von Menschen im Bereich der Basisarbeit Gehör verschaffen und ihre Anliegen in die Politik tragen. Wir wollen herausfinden, wie Basisarbeiter:innen auf die Transformation blicken und was es angesichts gegenwärtiger Herausforderungen braucht, um ein gesundes und menschenwürdiges Arbeitsumfeld für Basisarbeiter:innen zu schaffen. Die Besonderheit des Projekts liegt darin, dass Basisarbeiter:innen selbst aktiv mitwirken, zu Wort kommen und das Projekt mitgestalten. Gemeinsam wollen wir politische Lösungsansätze für bessere Arbeitsbedingungen sowie mehr Selbst- und Mitbestimmung am Arbeitsplatz entwickeln. Dadurch sollen die gesellschaftliche Wertschätzung für Basisarbeiter:innen gestärkt und politische Aufmerksamkeit für ihre Forderungen geschaffen werden.
Wie wollen wir das erreichen?
Die Studie
In unserer Studie werden Basisarbeiter:innen zu ihrer Arbeitssituation, ihren Sorgen, Anliegen und Erwartungen angesichts der Veränderungen am Arbeitsmarkt befragt. Die Erkenntnisse aus den Fokusgruppen und Interviews werden durch eine quantitative Umfrage überprüft und ergänzt.
Der Denkraum Basisarbeit
Auf Grundlage der Studie wollen wir politische Lösungsvorschläge für bessere Arbeitsbedingungen in der Basisarbeit erarbeiten. Dazu veranstalten wir einen Workshop, in dem Basisarbeiter:innen, Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Personen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen diskutieren, welche Maßnahmen dafür notwendig sind.
Projektpatinnen und -paten
Da wir nicht über Basisarbeiter:innen sprechen wollen, sondern mit ihnen, begleiten fünf Basisarbeiter:innen das Projekt über die gesamte Laufzeit hinweg. Sie beraten mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen, entwickeln den Fragebogen für die Umfrage mit und nehmen am Workshop teil. Ihre Stimmen sind es, die in der Politik gehört werden sollen.
Fachliches Begleitgremium
Zusätzlich begleiten fünf Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis das Projekt beratend.
Anke Hassel
Anke Hassel ist Professorin für Public Policy an der Hertie School und Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Progressiven Zentrums. Anke Hassel studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und an der London School of Economics and Political Science. Ihre Forschungsschwerpunkte sind vergleichende Wirtschafts- und Sozialpolitik, Arbeitsmarktregulierung und die Analyse politischer Prozesse.
Paul Marx
Paul Marx ist Heisenberg-Professor für Politische Ökonomie an der Universität Bonn, wo er dem Exzellenzcluster ECONtribute angehört. Zuvor war er Professor für Vergleichende Politische Soziologie an der Süddänischen Universität und Professor für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen. Seine Forschung beschäftigt sich mit Arbeitsmarktungleichheit, Steuerpolitik sowie politischer Repräsentation und Beteiligung. Derzeit leitet er das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Projekt „Die Mikro- und Makrodynamiken politischer Ungleichheit“.
Vera Trappmann
Vera Trappmann ist Professorin für Comparative Employment Relations an der Leeds University Business School. Sie leitet einen Arbeitsschwerpunkt zu Klimawandel und Arbeit am Centre for Employment Relations, Innovation and Change und gemeinsam mit Professor Dennis Eversberg das von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Projekt zu „Just Transition: Aktivitäten im internationalen Vergleich“. Sie ist Mitglied im Executive Committee des Priestley Centre for Climate Futures an der University of Leeds und der Economic Advisory Group on Climate Change Adaptation and Resilience des Climate Change Committees (UK).
Philipp Staab
Philipp Staab ist Professor für Soziologie von Arbeit, Wirtschaft und technologischem Wandel an der Humboldt-Universität zu Berlin und Co-Direktor am Einstein Center Digital Future. In seiner Forschung verbindet er Themen der Arbeit, Sozialstrukturanalyse, Techniksoziologie und politischen Ökonomie in gegenwartsanalytischer Absicht. Aktuell befasst er sich insbesondere mit Fragen der politischen Gestaltung des digitalen Kapitalismus, des Zusammenhangs von Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie der Rolle kritischer Infrastrukturen für die Zukunftsfähigkeit moderner Gesellschaften.
Katrin Menke
Katrin Menke ist promovierte Soziologin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Soziologie – Transnationalisierung, Migration und Arbeit der Ruhr-Universität Bochum. Im Sommersemester 2024 vertrat sie den Lehrstuhl für Sozialpolitik an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Von 2018 bis 2022 war sie Mitglied in der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Nachwuchsforschungsgruppe „Migration und Sozialpolitik“ am Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ). In ihrer Forschung beschäftigt sich Katrin Menke mit Sozialstaatlichkeit im Wandel aus einer intersektionalen Perspektive. Auf Grundlage einer qualitativen Studie zur Arbeitsmarktteilhabe von Frauen, die bis 2022 nach Deutschland flüchteten, interessierte sie sich insbesondere für behördliche Zuweisungspraktiken und weiblich-migrantisierte Arbeitsmarktsegmente.
Zuwendungsgeber
Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich an Johanna Siebert.
Operative Leitung
Strategische Leitung
Projektteam
Pressekontakt
Wir entwickeln und debattieren Ideen für den gesellschaftlichen Fortschritt – und bringen diejenigen zusammen, die sie in die Tat umsetzen. Unser Ziel als Think Tank: das Gelingen einer gerechten Transformation. ▸ Mehr erfahren