„Herausforderung Wandel“ – wie strukturschwache Regionen besser unterstützt werden können

Die „Mitteldeutsche Zeitung“ berichtet über unsere Studie „Die Übergangenen“ in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung.

In vier strukturschwachen Regionen Deutschlands hat Das Progressive Zentrum in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung mehr als 200 Haustürgespräche geführt und die Menschen gefragt, welche Aussichten für die Zukunft haben. Über die Studie berichtet Robert Martin von der „Mitteldeutschen Zeitung“.

„Wenn ich an die Zukunft denke, bin ich froh, dassich schon ein wenig älter bin“,
sagt die Frau. „Ich hoffe, dass ich das Allerschlimmste nicht mehr erleben muss.“ Mit diesen Worten einer Studienteilnehmerin beginnt Johanna Siebert am Dienstagabend die Vorstellung einer Studie zum Strukturwandel. Ihr Titel: „Die Übergangenen“.

Zu der Veranstaltung im Chemiepark hatten die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Forschungsinstitut Progressives Zentrum eingeladen. Forscher beider Einrichtungen haben 2021 stolze 3.500 Haustürbesuche in vier deutschen Regionen durchgeführt. Dabei konnten sie 217 Interviews durchführen. 52 von ihnen fanden in Bitterfeld-Wolfen statt, weshalb die Ergebnisse nun auch hier vorgestellt werden.

Sorgen um die Jugend

Wie können vermeintlich strukturschwache Regionen unterstützt werden? Wie können die Menschen, die in diesen leben und arbeiten, beteiligt werden? Wie können ihre Erfahrungen mit einbezogen werden? Diesen Fragen gingen die Forscher nach.

Johanna Siebert ist eine von ihnen, für die Studie ist sie als Projektkoordinatorin tätig. Sie war sowohl in Bitterfeld-Wolfen als auch in den anderen Befragungsorten – Bochum und Duisburg, Saarbrücken und Landkreis Vorpommern – bei Gesprächen dabei.

Die Sozialforscher sind dabei keinesfalls nur mit vorgefertigten Fragebögen losgezogen, sondern haben die Menschen dazu ermutigt, frei zu erzählen. Von ihren Sorgen und ihren Hoffnungen. Auffällig dabei, erklärt Siebert: „Viele der Menschen nannten keine persönlichen Sorgen. Trotzdem machen sie sich Sorgen, und zwar um ihre Region.“

„Viele der Menschen nannten keine persönlichen Sorgen.“

Johanna Siebert, Projektkoordinatorin

Noch stärker als in den anderen Befragungsorten betonten die in Bitterfeld-Wolfen Interviewten, dass sie sich Sorgen um die Jugendlichen und deren Zukunft machen. Zu wenig Kultur- und Freizeitangebote und ein Mangel an öffentlicher Infrastruktur – etwa Jugendclubs, Sportplätzen und Cafés – seien hier häufige Antworten gewesen, antwortet Siebert auf die Frage, wo sich die Goitzschestadt von den anderen Orten unterscheidet.

Durchaus überrascht äußern sich die Autoren auch über ein klares Bekenntnis der meisten Befragten zur Demokratie. Nur wenige äußerten die Meinung, dass ein anderes System besser für die Herausforderungen der Zukunft geeignet sei. Viele Befragte wünschen sich hingegen, dass nicht immer nur dieselben Parteien auf dem Bitterfelder Marktplatz stehen und ihnen zuhören.

Hilfreiche Ansätze?

Die Forscher formulieren auch Handlungsempfehlungen, die sie mit Geld, Gestaltungsmacht und Gehör zusammenfassen. Mehr von diesen soll Regionen stärken. Und das Vertrauen der Menschen in den Prozess des Wandels.

Und was passiert nun mit den Studienergebnissen? Verschwinden sie, wie viele vor ihnen, in Bibliotheken und Archiven? Johanna Siebertist optimistisch, spricht von einer „großen Resonanz der Studie“ und davon, dass sie und ihre Kollegen die Studie bereits sowohl bei Bundestagsfraktionen als auch bei lokalen Vereinen vorgestellt hätten. „Wir erfahren tat- sächlich großes Interesse von Politikern“, sagt die Wissenschaftlerin.

Hier gelangen Sie zu dem Text, der am 06.05.2022 in der „Mitteldeutschen Zeitung“ erschienen ist.

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