Tag Archive for Vorsorgender Sozialstaat

„Flexibilität muss auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dienen“, forderte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig am 17. November auf der Podiumsdiskussion anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse des DenkraumArbeit – eines von der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Progressiven Zentrum organisierten Dialogprozesses mit mehr als 100 ehrenamtlichen Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft.

Die Staaten Mittel- und Osteuropas in der Europäischen Union haben hauptsächlich Austeritätspolitiken und Strukturreformen als Antwort auf die globale Finanzkrise durchgeführt. Diese hatten negative Auswirkungen auf die soziale Gerechtigkeit. Es bedarf eines europäischeren Ansatzes in der Sozial- und Fiskalpolitik, um diese Schieflage in der Entwicklung auszugleichen, argumentiert Maria Skóra in ihrem Discussion Paper.

Nicht weniger Staat brauchen wir, sondern mehr – für die Chancengleichheit aller Bürger.
Die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland scheint eingedämmt, im neuen Jahrzehnt sehen die großen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt anders aus. Im Fokus stehen inzwischen gute und sichere Arbeit, Qualität und Bildung. Vor allem auf dem Gebiet der Fort- und Weiterbildung ist nichts weniger als ein Quantensprung notwendig.
In den Debatten um die Reform des deutschen Sozialstaats werden die Sozialversicherungen meist als Inbegriff traditioneller, nachsorgender Sozialpolitik dargestellt – bisweilen sogar als Hemmnis für die Weiterentwicklung der Sozialpolitik in Richtung Vorsorge. Dieser Blick verkennt das große Potenzial, die Sozialversicherungen von schlafenden Riesen zu aktiven Gestaltern vorsorgender Sozialpolitik zu machen. Nur wenn sie befähigt werden, ihre Vorsorgeaktivitäten auszubauen, zu kooperieren und Netzwerke zu bilden, kann aus der vielbeschworenen Idee der Vorsorge sozialpolitische Realität in Deutschland werden.
Wolfgang Schroeder setzt sich in seinem neuen Buch systematisch mit den Facetten vorsorgender Politik auseinander. Sein Plädoyer: Netzwerke müssen intelligent ausgebaut werden und die engagierten Akteure mehr Unterstützung und Wertschätzung erhalten.
Mit einem eintägigen internationalen Workshop hat das Progressive Zentrum die Veranstaltungsreihe im Rahmen des Projektes der Europäischen Modernisierungspartnerschaft eröffnet. Die Workshops sind konzipiert als ein dynamischer Diskurs für Multiplikatoren und Meinungsführer aus den „neuen“ und „alten“ EU-Mitgliedsländern. Dieses Forum dient dem Austausch innovativer Ideen und schafft einen Raum für die Formulierung der nationalen und europaweiten Reformansätze nach der Krise, um damit die öffentlichen Debatten anzukurbeln und mitzugestalten.
Die sozialstaatliche Tradition auf dem europäischen Festland, so wie sie Bismarck auch in Deutschland initiiert hat, war in ihrem Ursprung ein Ausdruck obrigkeitsstaatlichen Handelns. Die Sozialgesetzgebung Bismarcks war das Zuckerbrot, mit dem die Peitsche der Sozialistengesetze erträglich gemacht wurde. Winston Churchill bewunderte diesen politischen Coup: als Innenminister empfahl er seinen Kabinettskollegen im Jahr 1909, dass sich die Briten „eine gehörige Scheibe vom Bismarckschen Sozialstaat“ abschneiden sollten – und sei es nur, um der erstarkenden Arbeiterbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen.