#EUsparring 2019: Neue Ideen für Europa

Zwei Monate vor der Europawahl, am 26. März 2019, lieferten sich 5 EU-KandidatInnen einen Wettstreit der Ideen im Telefónica Basecamp (Berlin).

Damian Boeselager (Volt), Engin Eroglu (FREIE WÄHLER), Hannah Neumann (Bündnis 90/Die Grünen), Bianca Praetorius (Demokratie in Europa) und Susanne Zels (CDU) präsentierten in drei Sparring-Runden ihre Pläne für die Europathemen Stärkung der institutionellen Demokratie, Stärkung der Regionen und Stärkung des sozialen Zusammenhalts. Moderiert wurde der Abend von der ARD-Journalistin Melanie Stein.

Das Progressive Zentrum hostete den ersten EU-Ideenwettstreit in Berlin. In drei Sparring-Runden hatte jedeR EU-KandidatIn zwei Minuten Zeit, das Publikum von seinen Visionen für Europa zu überzeugen. Nach jeder Runde mussten sie sich nicht nur kritischen Publikumsfragen sondern auch Online-Abstimmungen stellen. Die verantwortliche Projektmanagerin Maria Skóra konzipierte dieses neue Veranstaltungsformat, um den Informationszugang vor der Europawahl zu optimieren:

“In diesem Format bekommen die KandidatInnen direktes Feedback von den Zuschauern und müssen ihre Ideen kurz und gut formuliert auf den Punkt bringen um zu überzeugenHinzukommend konnten wir so das ganze Publikum und nicht nur vereinzelte Stimmen miteinbeziehen”

Stärkung der institutionellen Demokratie  

Um das Demokratiedefizit der EU zu minimieren, spricht sich Bianca Praetorius für eine europäische Verfassung aus. Wie auch Engin Eroglu fordert sie mehr Transparenz in Bezug auf Lobbygruppen. Hinzukommend möchte Eroglu die Kompetenzen des Europaparlaments auf alle politischen Schlüsselbereiche ausdehnen. Auch Damian Boeselager und Hannah Neumann sehen großes Potential in der Stärkung des Europaparlamentes. Boeselager fordert transnational gewählte EU-Abgeordnete und Neumann parlamentarische Initiativ-, Kontroll- und Budgetrechte. Laut Neumann müssen europäische Debatten einen stärkeren Bezug zu Kommunen und Regionen bekommen. Susanne Zels spricht sich gegen ein föderales Europa und für die Vielfalt der nationalen Identitäten aus. Konkrete Wahlprogramme der europäischen Parteigruppen könnten zudem helfen, EU-Debatten in der Öffentlichkeit anzuregen.

Stärkung der Regionen

Neumann möchte den Europäischen Investitionsfonds stärker für die Begrenzung der globalen Erwärmung sowie für die Förderung von strukturschwachen Regionen und grenzüberschreitenden Projekten nutzen. Für Zels ist der Schlüssel für die Unterstützung strukturschwacher Regionen eine hohe Beschäftigungsquote. Sie lobt den Erfolg der EU-Investitionen in diesem Bereich, fordert aber einen stärker europäischen Ansatz in der Klimapolitik. Laut Boeselager können aktuelle Herausforderungen nur auf europäischer Ebene gelöst werden. Nichtsdestotrotz könnte ein verstärkter “Best Practices”-Austausch Regionen und Kommunen fördern. Demokratie in Europa will mehrere Milliarden Euro im Jahr investieren, um – mit starkem Einbezug der BürgerInnen – die regionalen Grundlagen für ein umweltfreundliches Europa zu ermöglichen. Anders als Volt und Demokratie in Europa plädieren die FREIEN WÄHLER für Dezentralität, insbesondere in der Landwirtschaft. Entscheidungen sollten ihnen zufolge dort getroffen werden, wo die Konsequenzen spürbar sind.

Stärkung des sozialen Zusammenhalts

Eroglu möchte eine verbesserte Koordinierung der Arbeitsmarktpolitik sowie faire Rahmenbedingungen für ArbeitnehmerInnen. So wollen die FREIEN WÄHLER gegen Lohndumping und soziale Ungleichheiten kämpfen. Steuerschlupflöcher sollen außerdem geschlossen und Verwaltungen zukunftsfit gemacht werden. Eine stärkere europäische Integration in der Sozialpolitik lehnen sie aber, im Gegensatz zu Demokratie in Europa, Volt und Bündnis 90/Die Grünen ab. So sprechen sich Praetorius und Neumann zum Beispiel für einen europäischen Mindestlohn aus. Volts Ziele sind eine europäische Arbeitsagentur sowie Mindeststandards für die soziale Sicherung  aller. Neumann vertritt die Meinung, dass man sozialpolitische EU-Mindeststandards, etwa bei Rente und Pflege, entwickeln müsse. Sie befürwortet die Absicherung grenzüberschreitenden Arbeitens und eine verlässliche Gesundheitsversorgung. Außerdem sollten die sozialen Rechte der Europäischen Grundrechtecharta einklagbar sein. Die CDU lehnt wie die FREIEN WÄHLER  eine gemeinsame Arbeits- und Sozialpolitik ab. Stattdessen möchte Zels die Arbeitsmobilität aller sozialer Schichten verbessern, zum Beispiel durch berufsbezogene Fremdsprachenschulungen.


Die Veranstaltung ist Teil des Projektes “EUact. EP Elections and Beyond: Active Participation of EU Citizens at All Levels”. Es wird in Kooperation mit GLOBESEC (Slowakei), the Higher School of International Relations and Social Communication (Polen) und der Slavyani Foundation (Bulgarien) organisiert. EUsparring wurde von dem Europe for Citizens Programme der Europäischen Union kofinanziert.

Autorinnen

Dr. Maria Skóra

Policy Fellow
Maria Skóra ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Politik und Policy Fellow beim Progressiven Zentrum. Zuvor war sie Leiterin des Programmbereichs Internationaler Dialog des Progressiven Zentrums.
Lara war von November 2018 bis Juni 2019 Trainee des Progressiven Zentrums im Bereich Internationale Beziehungen. Ihr Bachelorstudium absolvierte sie an der Uni Twente im Fach European Studies.

Hannah Nicklas

Praktikantin
Hannah Nicklas war von April - Juni 2019 Praktikantin im Kommunikationsteam von Das Progressive Zentrum. Sie studierte Germanistik an der Universität Hamburg und European Studies an der Lund University in Schweden.

Weitere Beiträge

Christian Lindner, Olaf Scholz und Robert Habeck laufen auf die Kamera zu.

Wähler:innenpotenzialanalyse: So schaut die Bevölkerung derzeit auf die Ampel-Regierung

Veröffentlicht am
Eine Befragung analysiert das Wähler:innenpotenzial aller im Bundestag vertretenen Parteien, die Zufriedenheit mit der Bundesregierung und die Politikpräferenzen der Bevölkerung für die kommenden zwei Jahre.

"Das ist alles noch sehr artifiziell"

Veröffentlicht am
Unser Vorsitzender Wolfgang Schroeder im Interview in der Tagesschau und dem rbb Inforadio zu dem "Bündnis Sahra Wagenknecht".

Weniger Krawall, mehr Ernsthaftigkeit – Warum das Verhältnis zwischen Ampel und Union über den Erfolg der AfD entscheidet

Veröffentlicht am
Die Zustimmungswerte der Ampelkoalition sind auf dem niedrigsten Punkt seit ihrem Amtsbeginn. Profitieren kann davon vor allem die AfD, weniger die Union. In der Auseinandersetzung zwischen Ampel und CDU/CSU läuft also irgendetwas gründlich falsch. Dabei haben beide ein doppeltes strategisches Interesse an einem konstruktiven Umgang miteinander.
teilen: