Fakten und Fake News in europäischen Erzählungen

Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt FACTS

300 Personen aus fünf europäischen Ländern wurden zu ihrem Bild der Europäischen Union befragt. Bei den Gesprächsteilnehmenden in Deutschland greift das Friedensnarrativ, wobei Ungleichheiten in der Verteilung von Wohlstand stark kritisiert werden. Sorge um die Rechtsstaatlichkeit bei östlichen Nachbarn ist ebenso zu finden wie Sorge um ‘zu viel Europa’. Für die Zukunft wünschen sich die meisten ein Europa der Gerechtigkeit.

Beim pan-europäische Forschungsprojekt FACTS führten Think-Tanks in fünf verschiedenen Ländern Gesprächsrunden mit diversen Bürger:innen durch. Ziel war es, jeweils zu erfahren wie das Bild der Bürger:innen von der EU ist: Was assoziieren sie mit der EU? Lebt die europäische Erzählung von Frieden und Wohlstand noch? Woher bekommen Bürger:innen ihre Informationen über die EU und sind ihnen schon mal Desinformationen begegnet?

Die 60 Personen, welche in Deutschland an den Gesprächsrunden teilnahmen, wurden anhand diverser Kategorien wie Alter, Geschlecht oder Wohnort ausgewählt. Zu den Auswahlkriterien zählte auch eine Selbsteinschätzung: informieren Sie sich aktiv über politisches Geschehen und beteiligen sie sich politisch, oder interessieren Sie sich aber eher am Rande für das politische Geschehen und beteiligen sich darüber hinaus eher nicht politisch? Lediglich bei einer Frage sind Auffälligkeiten entlang jener Zuschreibung erkennbar.

Friede nur nach innen, Wohlstand nur für manche.

Friede und Wohlstand gehören zum Gründungsauftrag der Europäischen Union. Nicht selten wird Europa daher als “Friedensprojekt” bezeichnet. Die eindeutige Mehrheit der Gesprächsteilnehmenden bejaht die Frage, ob die EU denn tatsächlich für Frieden und Wohlstand gesorgt habe. Hier kann von einer erfolgreichen europäischen Erzählung gesprochen werden.

Allerdings tun sie dies nicht ohne Einschränkungen. Zwar habe die Union für Frieden unter ihren Mitgliedsländern gesorgt, dafür sei ihr Erfolg, zu friedlichen Zustände in anderen Teilen der Welt beizutragen, sehr bescheiden. Zum Teil werden explizit Konflikte oder Kriege – wie der Bosnienkrieg – genannt, insgesamt die grundsätzliche Errungenschaft eines friedlichen Miteinanders jedoch dankbar hervorgehoben.

Das Ideal von friedlichen und befriedeten Lebensumständen könne allerdings nicht an den Grenzen der Union enden, da ihr Einfluss und ihre Beziehungen darüber hinaus auch global anzutreffen seien. Universelle Werte und Ziele der Union, wie Frieden, müssten daher auch sichtbarer Ansporn und Auftrag der Außenwirkung sein.

Schwerer als beim Frieden tun sich die Teilnehmenden damit, das Ziel des Wohlstands als erreicht zu bezeichnen. Zwar stimmen sie zu, dass dieser in Europa weitestgehend zu finden sei, jedoch weisen sie stets auf die ungleiche Verteilung des Wohlstands hin. Besonders der Unterschied zwischen reicheren Ländern wie Deutschland und mittelost-, ost- sowie südeuropäischen Ländern wird an dieser Stelle betont. Wirtschaftliche Unzufriedenheit (und Ungleichheit) wird von einigen als Hauptgrund für Euroskeptizismus vermutet.

Wenn ich an Denkmälern stehe oder ehemaligen Schlachtfeldern, überkommt mich Dankbarkeit für Europas Frieden. Aber ich reise auch oft im Balkan und sehe extreme Ungleichheit entlang der Grenzen. Je weiter nach Osten oder Süden, desto weniger anerkannt sind die Europäer:innen.

Das [Frieden und Wohlstand] war ja immer die Gründungsgeschichte, die unhinterfragt war(…) in den letzten Jahren dagegen gibt’s eine Gegenerzählung, die behauptet, dass die EU nicht die Lösung, sondern das Problem ist. Und das hat damit zu tun (…) dass unterschiedliche Menschen und unterschiedliche Regionen unterschiedlich stark davon profitiert haben, dass es insgesamt zu Wohlstand führt.

Reisefreiheit und Rechtstaatlichkeit: eingeschränkt.

Nach den ersten Assoziationen zur Europäischen Union gefragt, nennen die allermeisten Teilnehmenden die Reisefreiheit und offene Grenzen. Mit deutlichem Abstand folgt der Euro, die Bürokratie und ein gemeinsames Wertesystem. Viele weitere Assoziationen (Sprachen, Vielfalt, EZB, Flagge, Chancen, zähe Prozesse u.s.w.) zeigen, dass die Gedanken zu Europa sehr breit sind.

Auffällig ist jedoch, dass, aufgrund der Corona Pandemie besonders positiv eingeschätzte Vorteile der EU – wie die Reisefreiheit und die zu erlebende kulturelle Vielfalt – in den vergangenen Jahren nicht erfahren werden konnten. Einige Teilnehmende betonen, dass besonders die Situation der Grenzkontrollen und Bewegungsunfreiheit an alte unannehmliche Zeiten erinnere.

Die EU als Wertegemeinschaft kommt ebenfalls häufiger in den Gesprächsrunden auf. Einige Teilnehmende zweifeln daran, ob die Union die Verknüpfung mit heren Werten verdient. Als Kritikpunkt wird zum Beispiel der Umgang mit Geflüchteten an den EU-Außengrenzen genannt. Häufig kommen ebenso Sorgen um europäische Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte auf. Jedes Mal, wenn das der Fall ist, werden die Protagonisten klar benannt: “Polen und Ungarn”. Die kritische Lage wird als europäische Herausforderung betrachtet und nicht abgekapselt national gedacht, wie Aussagen wie diese zeigen:

Es gibt Aufgabenfelder, wo die EU als solche also jetzt nicht so richtig dolle funktioniert. Gehen wir mal zum Thema Menschenrechte in Polen und in Ungarn.

Die Werte sind klar. Eigentlich. Die Konzepte eigentlich auch. Aber wie das mit Leben erfüllt wird, das ist sehr fragwürdig. Zum Teil. Stichwort Ungarn, Polen, wie die sich verhalten.

Während die Mehrheit der Meinung ist, dass Länder, welche die europäischen Werte und Rechte missbrauchen, sanktioniert werden sollten, mahnen einige wenige an, dass auch Länder wie Deutschland sich nicht an alles halten würden. Sie sollten daher nicht immer “mit dem Finger auf Polen zeigen”.

Die einen wünschen sich die Europäische Republik, die anderen erstmal grundlegende Informationen zur EU.

Auffällig ist sowohl bei allen Assoziationen als auch formulierten Erwartungen an die Union, dass die größeren Krisen kaum Erwähnung finden. Weder die Finanz- noch die Klimakrise scheinen den aktuellen oder den Zukunftsblick der Bürger:innen auf das Bild der Europäischen Union explizit zu prägen. Sicherlich wird über die Notwendigkeit des Klimaschutzes oder die Rolle der Finanzpolitik gesprochen, jedoch nicht in einem prägenden Maße.

Lebhaft diskutiert werden dafür unterschiedliche Perspektiven auf Handlungsfähigkeit und Handlungsanspruch der EU. Während sich zahlreiche Teilnehmende eine aktivere EU wünschen, werten andere die europäische Langsamkeit auch als Überforderung. Sie wünschen sich daher mehr nationale Souveränität. Beispielhaft für diese Diskussionen ist die Frage nach Befürwortung oder Ablehnung der Idee, eine Europäische Republik anzustreben:

Klar, es wurde schon viel Zeit vertrödelt oder so weiter, aber in meinen Augen ist es trotzdem noch nicht zu spät. (…) Ich muss mir doch irgendwelche Visionen schaffen gehen und versuchen, die zu verfolgen, damit ich überhaupt etwas erreiche, wenn ich von vornherein sagen ‘Ich schaff das nicht’, das geht nicht.

Ich möchte zum Beispiel keinen gigantischen Superstaat haben. Ich möchte, dass das funktioniert und darum möchte ich mich ehrlich gesagt von unrealistischen Vorstellungen gerne verabschieden. Das ja darauf abzielt, dass irgendwann mal was 400 oder 450 Millionen Menschen in einem Staat leben, wo ich mich frage: wo bleibt da die Demokratie?

Zu weiteren geäußerten Erwartungen an die Europäische Union gehört der Wunsch mehr Informationen zu erhalten. Entweder haben die Gesprächsteilnehmenden den Eindruck, die Mehrheit der Bevölkerung würde viel zu wenig über die Errungenschaften der EU mitbekommen, oder aber sie äußern, ganz persönlich zu wenig zu wissen, um sich überhaupt mit der Union verbunden zu fühlen:

Mein großes Problem ist, dass ich das Gefühl habe, ich verstehe die Sachen alle nicht so richtig. (…) Warum brauchen wir jetzt diesen Beschluss? Und was ist schwierig daran? Und warum ist das jetzt wichtig, dass wir das europäisch entscheiden und nicht irgendwie auf einer anderen Ebene? (…) Also ich fühl mich nicht richtig mündig als EU-Bürger, weil ich das Phänomen nicht richtig begreife.

Also nicht so viel für jüngere Leute. Die haben ja Internet. Aber für die älteren Leute sind Fernsehen und Zeitung immer noch sehr wichtige Quellen. Und da sie auch Steuerzahler sind und Wähler, ist es wichtig, dass die EU zeigt ‘Wir tun etwas für Sie. Wir denken an Sie und Sie können auf uns zählen.

Ferner bietet das Thema Solidarität Anlass für lebhaften Austausch in den Gruppen. Meist sehr exemplarisch diskutiert, anhand von großen bekannten Ereignissen wie der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015. Andere Erwartungen an die EU sind zum Teil sehr konkret – wie jene nach mehr Gesetzen gegen Diskriminierung. Im Speziellen thematisiert wird, dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch lange nicht europaweit auf einem zufriedenstellenden Niveau sei.

Europa-Infos kommen so nebenbei.

Danach gefragt, über welche Quellen die Gesprächsteilnehmenden ihre Informationen über die EU beziehen, geben die meisten Personen unterschiedliche Medien an aber auch private oder berufliche Gesprächspartner:innen werden als Informationsquellen genannt. Auffällig und doch wenig überraschend sind es tendenziell die jüngeren Teilnehmenden, welche eher soziale Medien und/oder online Medien als ihre Hauptquellen angeben.

Vereinzelt werden auch Bibliotheken, Broschüren, Konferenzen oder Informationsveranstaltungen genannt. Neben jenen genannten gibt es jedoch auch Personen, die betonen, dass sie sich gar nicht informieren. Mehrere erzählen, bewusst keinen Fernseher und kein Zeitungsabonnement mehr zu haben.

Ich habe viel mit Frankreich zu tun, da sprechen wir auch schon mal über EU-Politik allgemein und auch im Familienkreis.

Und ich hab dann immer Facebook, Instagram direkt, immer abrufbereit.(…) weil gewisse Sachen sind auch einfacher für mich erklärt. Also ich finde es gibt gewisse Zeitungen, die sind halt sehr kompliziert und auch sehr hochtrabend formuliert, dass ich mir denke okay, hätte man es nicht auch einfacher vermitteln können.

Ich informiere mich auch gar nicht. Und wie gesagt, nur nur beim Reisen. Ich sehe immer Projektschilder, wo EU-Gelder irgendwo einfließen. Sorry, mehr hab ich dazu auch gar nicht zu sagen.

Jene Teilnehmende, welche sich in der vorausgegangenen Selbsteinschätzung als aktiv beteiligt und politisch informiert beurteilten ziehen zusätzlich zu Zeitungen und Fernsehen (push-Medien) häufiger aktiv Podcasts, Newsletter und weiteres Informationsmaterial (pull-Medien) zu Ihrer Meinungsbildung über die EU heran, als die Teilnehmenden, welche sich eher am Rande für das politische Geschehen interessieren. Letztere beschränken sich eher auf das Fernsehen sowie Medien im Internet und, sofern jüngeren Alters, auf Social Media wie Instagram und vor allem Facebook.

Was in dieser Diskussion besonders hervorstach, war dass die meisten Teilnehmenden eine hohe Medienkompetenz bewiesen indem sie, egal welche Kanäle sie nutzten, diese grundsätzlich kritisch hinterfragt und mit zweiten und dritten Informationsquellen verglichen. Vereinzelt wirkt der kritische Blick auf mediale Inhalte bereits skeptisch und grundlegend misstrauisch.

Also ich guck schon, woher die Information kommt. Also ich würd mich jetzt zum Beispiel nicht aus der Bild Zeitung informieren, weil ich die nicht für seriös halte.

Ich schaue mir grundsätzlich Nachrichten an und stelle fest wie gesteuert bestimmte Medien sind. Ich betrachte sie aber auch kritisch. Der Täter bei Taten wird verschont. Das sind politische Signale für mich.

Empfänglichkeit für Fake News wird unterschiedlich begründet.

Desinformationen sind den meisten Teilnehmenden bekannt. Allerdings erst nachdem sie eine Weile darüber nachgedacht haben. Mit Abstand am häufigsten wird der Fernsehsender Russia Today (RT) als eine ihnen bekannte Quelle für Falschnachrichten genannt. Die Teilnehmenden beschreiben es als zunehmend schwierig, Falschnachrichten als solche zu identifizieren – besonders, wenn sie in sozialen Medien auftreten. 

Social Media Kanälen schreiben sie generell mehr Falschnachrichten zu als z.B. der Printpresse oder Fernsehsendern. Fehlende Quellenangaben strahlen weniger Seriosität für sie aus. Nicht allen Teilnehmenden sind bereits bewusst Desinformationen begegnet. Wenn, dann begegneten sie ihnen im Bekannten- oder Freund:innenkreis (Links zu dubiosen Blogs oder Videos wurden per Chat-Nachricht weitergeleitet) oder aber sie hören aus Medien, denen sie vertrauen, eine Berichterstattung über Fake News. 

Das häufigste Beispiel sind hier Falschnachrichten über das Coronavirus. Die Teilnehmenden der Gesprächsrunden weisen darauf hin, dass sie “offensichtliche Falschnachrichten”, wie die Behauptung Milchprodukte würden gegen das Virus schützen, für weniger gefährlich hielten als solche deren Wahrheitsgehalt schwerer zu ermitteln sei. Noch vor gesellschaftlichen Kreisen, die als rechtsextrem vermutet werden, wurden andere Staaten als Akteur:innen hinter Falschnachrichten vermutet.

Es ist schwierig zu sagen, wo der Ursprung ist. Ich habe aber tatsächlich das Gefühl, dass vor allen Dingen sag ich mal, als Staaten das teilweise ausgeht, die vielleicht ein Interesse daran haben, die EU zu destabilisieren.

Mir ist aufgefallen, dass sehr häufig irgendwie was von Russia Today kommt, also von Staatssender in Richtung Russland.

Sehr bemerkenswert waren darüber hinaus die Erklärungsversuche, warum Bürger:innen dazu neigen alternativen Erzählungen oder Fake News Glauben zu schenken. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen jenen Teilnehmenden, die sich aktiv über politisches Geschehen informieren und auch politisch beteiligen und denen, die sich eher am Rande für das politische Geschehen interessieren und sich darüber hinaus eher nicht beteiligen: Während erstere Gruppe die Gründe eher in sozioökonomischen Faktoren suchen (Bildung, wirtschaftliche Position, Alter), sieht die zweite Gruppe die Gründe dafür eher in der Suche der Menschen nach Zusammenhalt und Solidarität. Gleichzeitig äußern vermeintlich nicht-mobilisierte Menschen ein großes Verständnis für diese Art der Informationsaufnahme. Es wurde argumentiert, dass Menschen, ähnlich wie in einer religiösen Gemeinschaft, nach Sicherheit in einer komplexen Welt suchten.

Solche Glaubenssätze [Fake News] stehen ja meistens nicht allein und solche Menschen irgendwo auch nicht. Es bilden sich dann halt Untergruppen, oder Subgruppen, die solche News verbreiten und auch an diese News glauben und das bildet sich auch ein Gruppengefühl, ein Zugehörigkeitsgefühl aus.

Ich denke, dass die Verantwortlichen [in den Medien] mehr auf den Profit achten als auf Aufklärung und das besonders in Medien, die konsumiert werden von Leuten mit niedrigerer Bildung und in Armut. Das heißt, sie haben keine Bildung oder weniger Bildung und sie sind anfälliger für Missinformationen. Und das ist vor allem sehr gefährlich. Bei Medien, zum Beispiel im Privatfernsehen, wo es sehr viele Missinformationen geben kann.

Ein Narrativ der Gerechtigkeit.

Die konkreten Wünsche der Teilnehmenden an Europa sind vielfältig. Eine auffällige Häufigkeit zeigt sich allerdings bei dem Wunsch nach mehr Gerechtigkeit. Genauer gesagt: dem gemeinsamen Engagement in Fragen der Sozialpolitik. In den Worten einer teilnehmenden Person solle Europa eine “solidarische Heimat” sein.

Unter den Aufzählungen finden sich zum Beispiel der Wunsch nach gemeinsamen Bemühungen bei der Armutsbekämpfung, Jugendarbeitslosigkeit und die Beseitigung unterschiedlicher Lebensverhältnisse – besonders zwischen West- und Osteuropa. Nachdem, wie oben erläutert, das Narrativ von Frieden und Wohlstand lange Zeit getragen hat, könnte angenommen werden, dass sich durchaus unterschiedliche Personen nunmehr ein Narrativ der Gerechtigkeit wünschen.

Ich finde schon, dass Europa eine Erzählung der Gerechtigkeit dringend braucht. Eine Erzählung eines Akteurs, der mit für eine globale Gerechtigkeit sorgen will, zumindest antritt mit diesem Ansatz und mit diesem Imperativ.

Auch der Wunsch nach Mitgestaltungsmöglichkeiten wurde genannt. Unterschiedlichste Personen betonten, dass sie sich zum einen mehr Formate wie diese Gesprächsrunden wünschen würden, aber auch partizipative Instrumente der Europäischen Union selbst. Die Konferenz zur Zukunft Europas wird auffällig selten angesprochen, was darauf schließen lässt, dass sie keine große Bekanntheit unter den Teilnehmenden erfährt.

Zusammenfassend fällt auf, dass die Lust zum Austausch über europäische Fragen groß ist. Gerade unter jenen, die selbst meinen, noch nie oder sehr selten an vergleichbaren Formaten teilgenommen zu haben und angeben, wenig zu dem Thema zu wissen, ist ein großes Interesse zu spüren. Die Unterschiede der Informiertheit über die Europäische Union (ihre Themen, Funktionsweisen, Institutionen und Hoheitsgebiete) sind eklatant. Jedoch hat der Informationsgrad wenig mit der Sympathie oder Antipathie gegenüber der EU zutun.

Die als besonders persönlich empfundenen Vorteile der Union, wie die Reisefreiheit, waren durch die Corona-Beschränkungen in letzter Zeit kaum erfahrbar. Hier gibt es sicherlich einen großen Nach- und Aufholbedarf, um Europa im Alltag wieder positiv erfahrbar zu machen. Das Thema, welches sich nahezu alle Teilnehmenden deutlichst im europäischen Rahmen wünschen ist Gerechtigkeit. Ein großes Wort, welches sich Europa nur dann als großes, neues Narrativ zu eigen machen darf, wenn sich die Ergebnisse dieses Anspruchs auch sichtbar niederschlagen.

Fortschritt gibt’s nur in der Auseinandersetzung und Demokratie beinhaltet, dass man sich miteinander auseinandersetzt und vorwärts geht. Die Frage ist nur: Wie sind die Akteurinnen und Akteure an dieser Auseinandersetzung beteiligt? Und da würde ich zustimmen: Wir sind zu wenig beteiligt. Wenn wir mehr mitsprechen könnten, würde das auch anders vorwärts gehen.

Dieses Projekt wird im Rahmen des Zuschussbeschlusses Nr. 615563 unter der Abkürzung FACTS aus dem Programm„ Europa für Bürger:innen“ der Europäischen Union finanziert. Die Unterstützung der Europäischen Kommission für die Erstellung dieser Veröffentlichung stellt keine Billigung des Inhalts dar, welcher nur die Ansichten der Verfasser wiedergibt. Die Kommission kann nicht für eine etwaige Verwendung der darin enthaltenen Informationen haftbar gemacht werden.

Autor:innen

Paulina Fröhlich

Stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin | Resiliente Demokratie
Paulina Fröhlich ist stellvertretende Geschäftsführerin und verantwortet den Schwerpunkt „Resiliente Demokratie“ des Berliner Think Tanks Das Progressive Zentrum. Dort entwirft sie Dialog- und Diskursräume, leitet die europäische Demokratiekonferenz „Innocracy“ und ist Co-Autorin von Studien und Discussion Papers.
Sophie Borkel war Junior Projektmanagerin für europäische Projekte im Progressiven Zentrum. Zuvor hat sie als Referentin im Landtag Brandenburg den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik betreut.
Christian Mieß war Projektmanager des Progressive Zentrums und Netzwerk Koordinator bei Citizens for Europe.

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