Europa krisenfest machen: Europäische Mindeststandards für die nationale Grundsicherung

Wie können Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme auf EU-Ebene geregelt werden?

Zusammenfassung

Die COVID-19-Pandemie hat die soziale Lage in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verschärft – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Doch Ungleichgewichte und soziale Schieflagen können nicht allein von nationalen Politiken aufgefangen werden. In diesem Impulspapier stellen Alexander Schellinger und Hatice Sever deshalb vor, wie Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme auf EU-Ebene geregelt werden können – und wie das die europäische Krisenresilienz generell stärken kann.

Rechtliche Grundlage und Machbarkeit

Das Impulspapier legt dar, wie Europäische Mindeststandards für nationale Systeme der Grundsicherung rechtlich umgesetzt werden könnten: mit einer Richtlinie, welche Mindestvorschriften enthält, schrittweise anzuwenden ist und die Grundprinzipien und das finanzielle Gleichgewicht der nationalen Systeme der sozialen Grundsicherung achtet. Diese Mindeststandards dienen der Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung, und der Anfälligkeit gegenüber externen Schocks wie der COVID-19-Pandemie.

Die AutorInnen arbeiten außerdem große Unterschiede zwischen den Systemen der Grundsicherung in den einzelnen Mitgliedstaaten heraus und bewerten den Umfang, bzw. die Höhe der Grundsicherung anhand ihrer Wirkung in der Armutsbekämpfung. In den Ländern Bulgarien, Griechenland, Lettland und Rumänien liegen die Werte für ein Mindesteinkommen in allen vier Haushaltskategorien am niedrigsten, unterhalb von 50 Prozent der armutsgefährdenden Einkommensschwelle.

Handlungsempfehlungen

Alexander Schellinger und Hatice Sever empfehlen die Einführung europäischer Mindeststandards für die nationale Grundsicherung und schlagen ein Korridormodell vor. Vor dem Hintergrund der Armutsrisikoquoten ist jedoch davon auszugehen, dass je nach Ausgestaltung des europäischen Mindeststandards für die nationale Grundsicherung für einige Mitgleidstaaten finanzielle Mehrbelastungen entstehen. Basierend auf den Strukturfonds kann die EU jedoch hier Mitgliedstaaten gezielt unterstützen.


Dieses Impulspapier ist im Projekt „Inklusives Wachstum für Europa“ entstanden, welches die Bertelsmann Stiftung und das Progressive Zentrum im Jahr 2019 gemeinsam durchführten.

Autor:innen

Alexander Schellinger war von 2018 bis 2022 Visiting Fellow des Progressiven Zentrums. Er ist Leiter Entwicklung Versorgungsmanagement und war zuvor persönlicher Referent des Vorstands der Techniker Krankenkasse. Als Visiting Fellow arbeitete er im Programmbereich Internationale Beziehungen zu den Themen Zukunft der Eurozone und soziales Europa.

Hatice Sever, LL.B.

Hochschule Fulda
Hatice Sever ist Sozialjuristin LL.B. und Studentin im Masterstudiengang Sozialrecht und Sozialwirtschaft an der Universität Kassel in Kooperation mit der Hochschule Fulda. Zusätzlich ist sie an der Hochschule Fulda Dozentin am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften für „Europäisches Sozialversicherungsrecht“ und „Wissenschaftliches Arbeiten“.

Wir entwickeln und debattieren Ideen für den gesellschaftlichen Fortschritt – und bringen diejenigen zusammen, die sie in die Tat umsetzen. Unser Ziel als Think Tank: das Gelingen einer gerechten Transformation. ▸ Mehr erfahren