Die ökologische Transformation der Industrie

Von Bekanntem lernen und neue Wege gehen – Workshopreihe: Quadratur des Klimas

Wie gelingt es mit der Transformation des industriellen Sektors den ökologischen und sozialen Herausforderungen in Deutschland gleichzeitig zu begegnen? Unter dieser Fragestellung kuratierte das Progressive Zentrum und das Bonner Institut für Forschung und Lehre Praktischer Politik einen Workshop mit Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Ziel war sowohl eine multiperspektivistische Analyse der sozialen und ökologischen Herausforderungen, als auch das Aufzeigen möglicher Handlungspfade.

Nach verschiedenen Phasen industrieller Transformation steht Deutschland vor der Herausforderung, seine energieintensive Industrie bis 2045 klimaneutral und sozial gerecht umzugestalten. Wie kann diese Transformation effektiv gestaltet werden? Was können wir dafür von Vergangenem lernen und an welchen Punkten müssen wir Dinge anders machen?  Lesen Sie dazu unsere ausführliche Veranstaltungssynopse, um einen tieferen Einblick in den ersten Workshop zu erhalten.


Workshop 1: Die ökologische Transformation der Industrie – von Bekanntem lernen und neue Wege gehen

Die Workshopreihe startete mit der Industrie als größtem Verursacher von Treibhausgasen und legte ein besonderes Augenmerk auf die Transformationserfahrungen des Ruhrgebiets und Ostdeutschlands. Wie war es damals, was brauchen wir heute?

Deutschlands kooperatives Governance Modell gesellschaftlicher Transformationen reformieren

Deutschlands kooperatives Governance Modell, charakterisiert durch einen ausgeprägten Interessenausgleich und die breite Einbindung verschiedener Akteure, war lange ein entscheidender Faktor für den Erhalt des industriellen Sektors in Deutschland.

Ein bloßes Fortführen dieses Governance-Modells ist aber aufgrund der massiv erhöhten Veränderungsgeschwindigkeit durch neue Technologien, dem globale Wettbewerb und der Klimakrise unmöglich und es muss angepasst werden. 

Wichtig ist, dass der Wandel frühzeitig und proaktiv gestaltet wird. Dazu gehören auch eindeutige politische Rahmenbedingungen und Zielsetzungen, sodass sich Regionen auf ein Ende oder die Veränderung wichtiger Wirtschaftszweige einstellen können.

Rebekka Popp

Unterstützung des sozial ökologischen Umbaus der Industrie durch gezielte staatliche Industriepolitik

Wenngleich berechtigterweise Thema andauernder Diskussionen, ist doch festzustellen, dass die öffentliche Hand ihren Gestaltungsspielraum derzeit nicht optimal nutzt. So zeigen besonders die schlechten Erfahrungen einer primär marktgetriebenen Transformation der Nachwendezeit in Ostdeutschland, dass eine gezielte Industriepolitik wichtige Impulse für nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung setzen kann.

Ziele, Konflikte und Zeitrahmen von Transformationsprozessen aktiv kommunizieren 

Wird Transformation nicht nur als technokratischer Akt, sondern zugleich als demokratischer Prozess verstanden, kommt einer umfassenden Kommunikation von Zielen, Konflikten und Zeitrahmen eine entscheidende Rolle zu.

Die verschiedenen Akteure müssen transparent über die anstehenden Herausforderungen diskutieren und dabei aufzeigen, welche Kosten durch eine vollzogene, oder aber verschleppte, Transformation anfallen.

Wir brauchen Strategien, wie das technisch Notwendige und das technisch Mögliche in der Verhandlungsdemokratie so verankert werden kann, dass die unterschiedlichen Interessen auf eine strategische Linie gebracht werden können. Anstatt eine Einheitlichkeit der Interessen zu unterstellen, sollte gerade ihre Unterschiedlichkeit als Ausgangspunkt für eine gemeinsame Strategie dienen.

Prof. Wolfgang Schroeder

Industrielle Transformation ganzheitlich und sektorübergreifend denken 

Die Erfahrungen des Ruhrgebietes haben gezeigt, wie neben der etablierten Kohle- und Grundstoffindustrie eine blühende Wissensindustrie entstanden ist. Während von außen das Bild der Region noch von Kohle und Stahl geprägt ist, hat z.B. der Gesundheitssektor die Industrie längst als maßgeblichen Arbeitgeber abgelöst. Anstatt an alten Bildern festzuhalten, müssen Potenziale früh erkannt werden.

Austausch zwischen Akteuren stärken

Es werden mehr Formate benötigt, die verschiedene Akteure zusammenbringen und so den Diskurs mit neuen innovativen Ansätzen bereichern. Vor allem müssen die verschiedenen Regionen in einen stärkeren Austausch miteinander treten und erfolgreiche Transformationsbeispiele als Inspiration in den Vordergrund gerückt werden. 


Im Rahmen des Workshops haben u.a. mitgewirkt:

  • Dr. Erika Bellmann (Bellona)
  • Dr. Kajsa Borgnäs (Stiftung Arbeit und Umwelt der IG BCE)
  • Helen Burmeister (Agora Energiewende)
  • Johannes Erhard (PwC)
  • Prof. Dr. Frank Decker (Das Progressive Zentrum, Universität Bonn)
  • Dr. Klaus Freytag (Staatskanzlei des Landes Brandenburg)
  • Dr. Oliver Geden (Stiftung Wissenschaft und Politik)
  • Karola Geiß-Netthöfel (Regionalverband Ruhr)
  • Prof. Dr. Rolf Heinze (Ruhr Universität Bochum)
  • Dr. Steffen Jenner (Bundesministerium der Finanzen)
  • Thomas Kralinski (Das Progressive Zentrum)
  • Dr. Harry Lehmann ( PtX Lab Lausitz)
  • Rebekka Popp (E3G)
  • Prof. Dr. Joachim Ragnitz (ifo Institut Dresden)
  • Prof. Dr. Wolfgang Schroeder (Das Progressive Zentrum, Universität Kassel)

Ein Projekt von

Autor:innen

Quincey Stumptner war von März 2021 bis März 2022 als Projektmanager im Programmbereich Strukturwandel des Progressiven Zentrums tätig. Sein Fokus liegt auf Themen der werteorientierten Digitalisierung, Technologie- und Klimapolitik, sowie gesellschaftlichen Ungleichheiten.
Anton Fromageot war Projektassistent im Programmbereich Strukturwandel. In seinem Bachelorstudium der Politikwissenschaft und Anglistik in Heidelberg und Leeds (UK) beschäftigte er sich vor allem mit Theorien sozioökonomischer Transformation.
Clara Toker war Teil des Kommunikationsteams im Progressiven Zentrum und arbeitete dort als Junior Kommunikationsmanagerin. Ihr Studium der Film- und Medienwissenschaft absolvierte sie an der Philipps-Universität Marburg und der FU Berlin mit den Schwerpunkten Repräsentation von Arbeit und Geschlecht in audiovisuellen Medien, Kommunikationstheorie, Körper- und Menschenbilder sowie Dokumentarfilmforschung.

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