Datenschutz in der (Corona-)Krise: Selbstbestimmung und Vertrauen im Fokus

Wie die Politik das Vertrauen in die öffentliche Nutzung von Daten erhöhen kann

Zusammenfassung

Die Studie der Universität Konstanz in Kooperation mit dem Progressiven Zentrum zeigt am Beispiel der Corona-Warn-App, wie die Politik das Vertrauen in die öffentliche Nutzung von Daten erhöhen kann. Freiwilligkeit, Erkennbarkeit des Nutzens und das allgemeine Vertrauen in öffentliche Institutionen sind die entscheidenden Faktoren für die Wirksamkeit und Akzeptanz von Datennutzung im öffentlichen Interesse.

Von der Adressangabe beim Besuch eines Restaurants bis zur Kontaktverfolgung durch die Corona-Warn-App: In der Coronakrise spielen persönliche Daten eine entscheidende Rolle. An digitalen Lösungen wie der Corona-Warn-App entzündet sich allerdings auch in der Coronakrise die Debatte, was wichtiger ist: der Schutz persönlicher Daten oder das Gemeinwohl. 

Wie denken die BürgerInnen über diese Frage? Die Verhaltensökonomin und Psychologin Dr. Katrin Schmelz und ihr Kollege Dr. David Dohmen haben dies in einer groß angelegten Online-Befragung des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz untersucht. In Zusammenarbeit mit dem Progressiven Zentrum hat das Cluster die Ergebnisse der Studie mit konkreten Empfehlungen für die Politik in einem Policy Paper veröffentlicht. 

Zentrale Erkenntnisse der Studie

Aus der Studie ergeben sich die folgenden drei zentralen Erkenntnisse: 

  1. Die durchschnittliche Bereitschaft zur Nutzung der Corona-Warn-App ist maßgeblich dadurch bestimmt, dass die Nutzung auf freiwilliger Basis erfolgt. Anders als im Falle einer Verpflichtung wird so die informationelle Selbstbestimmung respektiert, welche für ein Großteil der Befragten sehr wichtig war. 
  2. Die Erkennbarkeit des Nutzens der App und der Datensammlung ist ein entscheidender Faktor dafür, ob BürgerInnen der Datennutzung zustimmen würden. Wenn ein unmittelbarer Nutzen für sie selbst oder für andere Personen klar erkennbar ist, stimmen sie eher zu, als wenn dieser nur allgemein-gesellschaftlich oder sogar unspezifisch ist. 
  3. Das allgemeine Vertrauen in öffentliche Institutionen spielt eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz digitaler Lösungen in Krisenzeiten, aber auch darüber hinaus. Je höher das Vertrauen in öffentliche Institutionen, desto größer ist die Bereitschaft zur Nutzung der App. Dabei gibt es große gesellschaftliche Unterschiede. So ist das Vertrauen in Institutionen insbesondere bei Gruppen geringer, die von der Corona-Krise stärker betroffen sind. 

Handlungsempfehlungen für die Politik 

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sprechen die AutorInnen der Studie folgende Handlungsempfehlungen aus: 

  1. Staatliche Maßnahmen sollten die informationelle Selbstbestimmung achten und digitale Lösungen sollten auf Freiwilligkeit basieren. 
  2. Um negative Emotionen in Bezug auf die Verwendung persönlicher Daten zu reduzieren, sollte eine transparente und vertrauensfördernde Kommunikation verfolgt werden. 
  3. In der Kommunikation sollte auch der Zweck der Datennutzung im Sinne der eigenen Person und im Interesse von MitbürgerInnen explizit deutlich gemacht werden. 
  4. Die Gestaltung und Vermittlung politischer Maßnahmen, die in die informationelle Privatsphäre und Selbstbestimmtheit eingreifen, sollte gesellschaftliche Ungleichheiten berücksichtigen, da auch Minderheiten mit großer Skepsis zu lauten Stimmen werden können. 

Hintergrund zur Kooperation 

Die Studie ist Teil eines großangelegten Umfragen-Programms des Konstanzer Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“. Mithilfe der Umfragen möchten die Forschenden des Clusters besser verstehen, wie Menschen in Deutschland mit den sozialen und politischen Folgen der Corona-Krise umgehen. Nähere Details zur Auswahl der Befragten und zur Datengrundlage finden sich auf der Seite des Exzellenzclusters „Politics of Inequality“. Zum Hintergrund der Kooperation zwischen dem Cluster und dem Progressiven Zentrum erfahren Sie mehr auf unserer Projektseite. Hier finden Sie auch alle bereits veröffentlichten Policy Papiere.


Autor:innen

Katrin Schmelz ist PostDoc am Lehrstuhl für Angewandte Wirtschaftsforschung an der Universität Konstanz und dem Thurgauer Wirtschaftsinstitut (TWI). Sie ist Diplom-Psychologin (Universität Jena) und hat am Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena in VWL promoviert.
David Dohmen ist promovierter Verhaltensökonom und Psychologe – assoziiert mit dem Lehrstuhl für Angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Konstanz sowie dem Thurgauer Wirtschaftsinstitut (TWI).

Dieses Policy Paper wurde in Kooperation mit dem Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz  veröffentlicht.

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