2. ExpertInnen-Workshop des Projekts „TruLies: The Truth about Lies on Europe“ am 14. November 2016

Erste Projektergebnisse zu den Themengebieten Migration sowie europäische Finanz- und Währungspolitik

Mit Fakten auf Mythen, falschen Behauptungen und Vorurteilen zur Europäischen Union und ihrer Politik begegnen – dies ist eines der zentralen Anliegen des Projektes „TruLies – The Truth about Lies on Europe“ des Instituts für Europäische Politik (IEP), das in Kooperation mit dem Progressiven Zentrum durchgeführt und von der Stiftung Mercator gefördert wird. Hierzu fand am 14. November 2016 der zweite ExpertInnenworkshop im Projektzentrum der Stiftung Mercator in Berlin statt, wo die ersten Projektergebnisse zu den Themengebieten Migration sowie europäischer Finanz- und Währungspolitik vorgestellt und mit ExpertInnen diskutiert wurden.

Europapolitische Diskurse sind in Deutschland, aber auch in anderen EU-Mitgliedstaaten stark geprägt von europaskeptischen und populistischen Ressentiments sowie Vorurteilen, Falschbehauptungen und Feindbildern. Gerade populistischer Europaskeptizismus, der sich mehr auf Emotionen als auf tatsächliche Fakten und Wahrheiten stützt, hat derzeit Hochkonjunktur. Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „TruLies“ konzipiert, mit dem zur Versachlichung der europapolitischen Debatte in Deutschland beigetragen werden soll. Dies geschieht mit Hilfe von Factsheets, die einzelne populistische Aussagen einem „Faktencheck“ unterziehen und mit einer zusammenfassenden Bewertung schließen.

Um mit FachexpertInnen zu spiegeln und weiterzuentwickeln, haben die Projektpartner Institut für Europäische Politik und Das Progressive Zentrum am 14. November 2016 zu einem weiteren Workshop im Projektzentrum der Stiftung Mercator in Berlin geladen. Ein erster Workshop definierte zu Projektbeginn bereits die Leitlinien und definitorischen Grundannahmen des Projekts. Nun diskutierten Teilnehmende vom Jacques Delors Institut, Bertelsmann-Stiftung, Schwarzkopf-Stiftung, Centre for European Reform, FachreferentInnen aus Bundestagsfraktionen und Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik mit dem TruLies-Projektteam aus MitarbeiterInnen des IEP, Progressiven Zentrums und der Stiftung Mercator die Entwürfe der Factsheets zu den Themen Migration sowie Wirtschaft- und Währungsunion in einem kritischen Review.

Im ersten Themenblock „Asyl und Migration“ wurden vor allem die verschiedenen Strategien zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und deren Darstellung und Bewertung durch europaskeptische und populistische Bewegungen und Parteien diskutiert. Konkret ging es etwa um die Forderung nach einem Grenzzaun an der deutschen Grenze, pauschalen Vorwürfen wie einer rigorosen Abschiebe- und Abschreckungspraxis der EU gegenüber Flüchtlingen oder der Konzeptlosigkeit und Inkompetenz Europas sowie um die Ausnutzung Deutschlands als Lastenträger in der EU-Flüchtlingspolitik. Zum einen wird sich in vielen dieser Aussagen europaskeptischen Generalvorwürfen und Motiven wie dem „Zahlmeister Deutschland“ bedient. Zum anderen ist häufig eine populistische Strategie erkennbar die Nutzung von Naturkatastrophen oder Untergangsszenarien (‚Welle‘, ‚Flut‘ oder ,Chaos‘) als Metaphern Misstrauen der BürgerInnen gegenüber dem politischen Establishment auf Bundes- wie auch EU-Ebene sowie gegenüber MigrantInnen.

Zum zweiten Themenblock „Europäische Finanz- und Währungspolitik“ wurde besonders hervorgehoben, wie schmal hier die Grenze zwischen kritisch zu betrachtenden europaskeptischen Aussagen und der Spannbreite der legitimen Debatte verläuft – etwa in der Diskussion um einen möglichen Schuldenschnitt für Griechenland. So fungieren häufig Institutionen der EU wie beispielsweise die EZB, über deren Politik und vertragsrechtlichen Vereinbarkeit gegenwärtig öffentlichkeitswirksame Kontroversen bestehen, als hartnäckige Feindbilder. Eine weitere Herausforderung ist die Komplexität der europäischen Währungs- und Finanzpolitik Populisten , um mit vermeintlich „einfachen Wahrheiten“ und verkürzten Lösungsvorschlägen Orientierung zu bieten, die aber angesichts einer vielfältig komplexen und hoch interdependenten Realität irreführend sind. Daher sei eine Abgrenzung von Europaskeptizismus, der nicht per se eine destruktive Wirkung entfalten muss, zum populistisch instrumentalisierten Europaskeptizismus umso dringlicher. Die TruLies-Factsheets umfassen daher neben der Einordnung des Kontexts einer europaskeptischen Aussage und dem Faktencheck auch eine Bewertung, die den populistischen Gehalt und dessen Motivation herausarbeitet.

Im Nachgang der Veranstaltung wurden die Factsheets mit dem Input aus dem Workshop überarbeitet und werden nun zeitnah veröffentlicht.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf der TruLies Projekt-Webseite

Autoren

Philipp Sälhoff war von Januar 2013 bis März 2018 für das Progressive Zentrum tätig, zuerst als Co-Leiter der #bewegungjetzt-Kampagne zur Bundestagswahl 2013, später als Leiter der Mobilisierungskampagne iChange Europe zur Europawahl 2014.
Sven Altenberger war von 2015 bis 2017 Project Manager im Progressiven Zentrum sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Studium der politischen Ideengeschichte (MA) in London sowie der Politikwissenschaft und Geschichte (BA) in Kiel und Kopenhagen. Sein Arbeitsschwerpunkt beim Progressiven Zentrum lag im Bereich "Zukunft der Demokratie", dabei insbesondere Koordination des Projekts "Countering Populism and Political Disaffection".
Joris Niggemeier war Project Assistant beim Progressiven Zentrum für die Projekte Countering Populism in Public Space, Mediating Populism und TruLies.

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